... und als dann Kai aus der Kiste kam, waren alle baff
„Keine Disko am Bahnhof, aber ein großer Saal zum Feiern“, titelte der Waterbölles vor der gestrigen Ratssitzung. Damit war der Plan des Lübecker Bahnhofsinvestors HBB gemeint, im Obergeschoss des „Kaufland“-Gebäudes am Hauptbahnhof statt einer Diskothek, wie im Städtebaulichen Vertrag mit der Stadt Remscheid vereinbart, eine „allgemeine Versammlungsstätte für diverse Veranstaltungen wie Hochzeiten, Konzerte, Abifeten, Betriebsfeste usw.“ einzurichten. So die Vorlage der Verwaltung, der der Rat gestern zustimmen sollte. Tat er aber nicht!
Grundsätzliche Bedenken hatte die CDU-Fraktion. Bernd Quinting: „Am 11. April hat unsere Fraktion die Räume besichtigt. Damals hieß es, es gäbe zwei potenzielle Diskothekenbetreiber!“ Die Stadt habe jedenfalls keine Veranlassung, HBB eine Nutzungsänderung zu erlauben. „Wir sollen an dem bestehenden Vertrag festhalten!“ Fraktionskollege Karl Heinz Humpert: „Wenn die Interessenten inzwischen wieder abgesprungen sind, muss es am Mietpreis gelegen haben. Dann muss HBB eben mit dem Preis runter gehen!“ Wieland Gühne (W.i.R.) appellierte an die übrigen Fraktionen, „das Faustpfand Disko nicht aus der Hand zu geben, zumal die Stadt HBB in der Vergangenheit schon einige Male „ohne Not mit verdammt viel Geld entgegengekommen“ sei (z.B. Fassadengestaltung, Bowlingbahn, Tiefgarage, Stützmauer,Kletterwand). Wenn es aber nicht anders gehe, habe der Antrag der Wählergemeinschaft, von HBB als Ausgleich für ein neuerliches Entgegenkommen die fortlaufende Pflege, den Winterdienst sowie alle anfallenden Arbeiten und Kosten für die gärtnerische und bauliche Erhaltung der Flächen des Bahnhofsvorplatzes (Nord), des Bahnhofsgartens (Nord), der Rasenrampe, der Florentiner Treppe und des Pirna-Platzes zu verlangen, habe das Ziel, weiteren Schaden von der Stadt abzuwenden.
„Der Antrag hat Charme“, befand Fritz Beinersdorf, Fraktionsvorsitzender der Linken. „Er ist charmelos“ (hörte sich an wie „schamlos“, meinte dagegen der FDP-Fraktionsvorsitzende Wolf Lüttinger und setzte nach „…fast erpressermäßig“. Und auch David Schichel von den Grünen sprach gegen den Antrag der W.i.R.: „Wir können uns doch nicht jeden Leerstand versilbert lassen.“ Auch er sehe am Hauptbahnhof gerne eine Disko für junge Leute, aber wenn sich nun mal kein Betreiber finde…Ein Verzicht auf die vereinbarte Diskothek sei das falsche Signal an die Remscheider Jugend, wandte Karl Heinz Humpert (CDU) ein. Wie wäre es denn, versuchte Hans Peter Meinecke (SPD) einem Kompromiss, „wenn die Diskothek im Vertrag so stehen bleibt und wir für die zehn Jahre, die jetzt ein Geschäftsmann die Räume als Versammlungsstätte mieten will, die Stadt eine Ausnahmegenehmigung erteilt. Dann behalten wir in punkto Disko einen Fuß in der Tür!?“ Wenn die Mietzeit abgelaufen oder der Mieter vorzeitig abgesprungen sei, müsste der Rat erneut gefragt werden.
Die W.i.R. richtete sich vermutlich bereits darauf ein, mit ihrem Antrag von der Ratsmehrheit abgebügelt zu werden, und der Kompromiss von Meinecke schien mehrheitsfähig zu sein, da überraschte Baudezernent Dr. Christian Henkelmann Politiker, Zuhörer und Pressevertreter mit der Nachricht, Harald Ortner, Geschäftsführer von HBB, habe am Nachmittag vom Handy aus mitgeteilt, der Mietvertrag mit dem Betreiber sei bereits für zehn Jahre abgeschlossen mit einer Option für weitere fünf Jahre. Geplant sei eine „Diskothek auf 700 Quadratmetern mit weiteren Freizeitmöglichkeiten auf den übrigen 300 Quadratmetern“. Das weirkte wie der Auftritt von "Kai aus der Kiste". Karl Heinz Humpert: „Ich bin baff!“ Und so ging es wohl allen Anwesenden. Mit Ausnahme von Stadtplaner Hans Gerd Sonnenschein. Denn der hatte die Nachricht gegen 14 Uhr erhalten und an Henkelmann weitergeleitet. Bleibt die Frage, warum dieser nicht zu Beginn der Diskussion damit herausgerückt war. Es sei üblich, dass zunächst die Politik und dann erst die Verwaltung zu Wort käme, sagte Henkelmann nach der Sitzung dem Waterbölles auf Nachfrage. Deshalb habe ihm Oberbürgermeisterin Beate Wilding auch erst später das Wort erteilt. Aber auch Stadtplaner Sonnenschein hatte sich bis dahin noch kein einziges Mal zu Wort gemeldet. Er tat es erst, nachdem Wolf Lüttinger feststellte, nach diesem neuen Sachstand halte er eine Änderung des Städtebaulichen Vertrages gar nicht mehr für notwendig und eine Ausnahmegenehmigung ebenso wenig. Sonnenschein: Die geplante Nutzungsänderung („weitere Freizeitmöglichkeiten“) sei nicht von HBB ausreichend spezifiziert worden. Er halte weiterhin die Umwidmung in „allgemeine Versammlungsstätte“ für notwendig. inter den Kulissen – es gab eine Sitzungsunterbrechung – soll Planungsamtsleiter Udo Quadflieg die Meinung vertreten haben, die geplante Diskothek sei in dem Vertrag zwar festgeschrieben, ordnungsbehördlich aber noch gar nicht genehmigt. Henkelmann nach der Pause offiziell: „Eine Abstimmung über die neue Lage war innerhalb der Verwaltung bislang noch nicht möglich!“ Bleibt zu hoffen, dass die Beteiligten überhaupt versucht haben, vor der Sitzung miteinander ins Gespräch zu kommen.
Wie hätte jedenfalls man in dieser unklaren Lage noch abstimmen können!? „Wir sehen uns dazu außer Stande“, stellte der CDU-Fraktionsvorsitzende Jochen Siegfried fest. „Aus rechtlichen Erwägungen!“ Beatrice Schlieper von den Grünen machte daraufhin den einzig richtigen Vorschlag: „Die Verwaltung muss noch einmal mit HBB sprechen!“ Hans Peter Meinecke stimmte zu: „Wir brauchen zusätzliche Informationen!“ – Wieland Gühne: „Vielleicht erfahren wir dann auch, was mit „weiteren Freizeitmöglichkeiten“ gemeint ist!“ Spielautomaten?? Die von HBB beantragte Umwidmung der Disko in eine Spielhalle hatte die Politik in der Vergangenheit schon einmal abgelehnt.
Fortsetzung folgt also. In der Sondersitzung des Rates (zum DOC an der Blume) am kommenden Donnerstag. Hoffentlich kennt die Verwaltung bis dahin das genaue Konzept des neuen Was-auch-immer-Betreibers. Es könnte die Diskussion wesentlich abkürzen. Eine Neuauflage des gestrigen Hick-Hacks? Bloß nicht!!
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