Remscheid zeigt Rechtsextremen die kalte Schulter
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Aktionsbündnis macht mobil gegen ‚auswärtige Aktivisten’“, titelte der Waterbölles am 31. Januar. Wenige Tage zuvor hatten im Rathaus Kommunalpolitiker, Vertreter der evangelischen und katholischen Kirchen, der Wohlfahrtsverbände, der Gewerkschaften, von Migrantenorganisationen und zahlreicher Vereinen sowie Einzelpersonen die Gründungserklärung (siehe Kasten) für ein Bündnis erarbeitet, das Anhängern der rechten Gruppierung ProNRW bedeuten soll: Ihr seid in Remscheid nicht erwünscht! Diese extrem rechte deutsche Kleinpartei, die seit 2009 unter dem Verdacht einer rechtsextremistischen Bestrebung vom Verfassungsschutz beobachtet wird, würde gerne in Remscheid Fuß fassen. Und im geplanten Bau der Ditib-Moschee an der Ecke Papenberger / Weststraße glaubt sie nun ein Thema gefunden zu haben, mit dem sie in der Bevölkerung Stimmung machen und Mitglieder gewinnen könnte. Auf 100 Straßenplakaten, auf denen die Gruppe Rechtsgerichteter gegen den Moschau-Bau polemisierte, folgte die Ankündigung „weiterer aufsehenerregende Aktionen in Remscheid“. Inzwischen weiß man: Am 24. März will ProNRW in Remscheid gegen die Moschee demonstrieren. Da kommt die Resolution gegen gegen Neonazismus und Rechtsextremismus der Fraktionen von SPD, FDP, Grünen und Linken gerade richtig, die in der Ratssitzung am 23. Februar beschlossen werden soll. Und das Aktionsbündnis „Remscheid tolerant“, dem inzwischen schon mehr als fünfzig Institutionen und Einzelpersonen angehören, hat sich vorgenommen, den rechten Krawallmachern am 24. März den Empfang zu bescheren, den sie verdienen: Bunt – mit einem entsprechenden Logo (links) fröhlich und friedlich, aber auch entschieden soll ihnen klar gemacht werden: Wer nach Remscheid gekommen ist, um das gute Miteinander der verschiedenen Kulturen zu unterminieren, sollte am besten gleich wieder kehrt machen. Diese Stadt stehe seit Jahrhunderten für Weltoffenheit und Toleranz, sagte heute Mittag im Großen Sitzungssaal des Rathauses Oberbürgermeisterin Beate Wilding, die Schirmherrin des Aktionsbündnisses. „Und das lassen wir uns nicht von außen kaputt machen!“ An Wildings Seite: Zahlreiche prominente Vertreter von Institutionen, die sich für Toleranz und Weltoffenheit engagieren wollen. Nicht nur als Antwort einer „wehrhafte Demokratie“ auf die für den 24. März angekündigte Demonstration der Rechten, so der SPD-Landtagsabgeordnete Sven Wolf heute Mittag, sondern um dafür zu sorgen, dass Remscheid sich auch künftig als tolerante Stadt weiterentwickelt, so Grünen-Sprecherin Beatrice Schlieper.
Gründungserklärung des Aktionsbündnisses Ziel des Aktionsbündnisses ist es, in unserer Heimatstadt Remscheid für Toleranz ebenso einzutreten wie für den uneingeschränkten Schutz der Demokratie, der Religionsfreiheit |
Die Mitglieder des Aktionsbündnisses AHG Therapiezentrum Haus Remscheid, Arbeitsgemeinschaft freie Wohlfahrtspflege, Arbeitskreis Asyl Remscheid, AWO Kreisverband Remscheid e.V., Bildung statt Ausgrenzung e.V, Bundesverband spanischer sozialer und kultureller Vereine e.V, Caritasverband Remscheid e.V., CDU Remscheid, Citykirche für Remscheid, Dekanatsrat Remscheid, DGB Stadtverband Remscheid, Der Paritätische, Diakonisches Werk des Evangelischen Kirchenkreises Lennep, Die Brücke e.V. - Ehrenamtszentrale für Remscheid, DIE LINKE Remscheid, Die Schlawiner e.V., Die Verlässliche e.V., Ernst Moritz Arndt Gymnasium, Evangelische Stadtkirchengemeinde Remscheid, Evangelischer Kirchenkreis Lennep, FDP Remscheid, Freundes- und Förderkreis Haus Remscheid e.V., Gemeinnützige Respekt! Kein Platz für Rassismus GmbH, GGS Adolf Clarenbach, GGS Eisernstein, GGS Hackenberg, GGS Honsberg, GGS Kremenholl, GGS Mannesmann, GGS Siepen, GGS Steinberg, GGS Walther- Hartmann, IG Metall Jugend/OJA Bergisches Land, IG Metall Remscheid-Solingen, Junge Liberale Remscheid, Junge Union Remscheid, Katholische Arbeitnehmer Bewegung KAB, Katholische Grundschule Lüttringhausen, Katholisches Bildungswerk Wuppertal/Solingen/Remscheid, Katholisches Stadtdekanat Remscheid, KGS Menninghausen, Kraftstation.e.V., Kreishandwerkerschaft mit den angeschlossenen Innungen, Kulturstadt Remscheid e.V., Leibniz-Gymnasium Remscheid, Lerose Stiftung, Ökumenische Initiative Lüttringhausen e.V, Partei Bündnis 90/Die Grünen, RGA, Röntgen Gymnasium Lennep, SC Rot-Weiß Remscheid e.V., Sozialdienst Katholischer Frauen (SKF) Remscheid, SPD Remscheid, Stadtteil e.V., Türkische Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB RS), Verein BaF, Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN/BdA), Wählergemeinschaft W.i.R., Waterbölles. |
Das Aktionsbündnis hat inzwischen eine eigene Internetseite eingerichtet und eine Lenkungsgruppe gebildet, die sich für den 24. März einiges einfallen lassen will. Ein Straßenfest auf dem Moscheegelände an der Weststraße soll dazu gehören. Und es ist nicht ausgeschlossen, dass die Glocken aller Remscheider Kirchen läuten werden, wenn die Rechten durch die Straßen ziehen. Die Botschaft: Wir zeigen Euch die kalte Schulter! Das sagte gestern im Namen der Arbeitsgemeinschaft Remscheider Wohlfahrtsverbände Norbert Horn, der Vorsitzende der Arbeiterwohlfahrt. Zuvor hatte Beate Wilding betont, dass in Remscheid Menschen aus 120 Nationen leben, fast jeder dritte Bürger einen Migrationshintergrund und fast jedes zweite Kind ein Elternteil hat mit ausländischen Wurzeln. Die OB: „Wir leben und arbeiten zusammen, und wir gestalten Remscheid gemeinsam! In Toleranz und in Respekt vor einander! Das ist kein Platz für Fremdenhass!“
Die Religionsfreiheit sei ein hohes Gut, das es zu verteidigen gelte; in diesem Sinne hätten sie die Gründung des Aktionsbündnisses von Anfang an unterstützt, betonten Hartmut Demski, Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Lennep, und der katholische Stadtdechant Thomas Kaster. Beide zeigten sich entsetzt und schockiert darüber, in welcher Schärfe ProNRW wahrheitswidrig versuche, bei Remscheider Bürgern die Angst vor Fremden und den Hass auf sie zu schüren. Kaster: „Wir lassen unseren Frieden in dieser Stadt nicht stören!“ Die Menschenwürde werde nicht durch eine Religion zugewiesen oder durch einen Staat; sie sei vielmehr Teil des Menschseins. Es mache ihn stolz, dass so viele Bürger im Aktionsbündnis „Remscheid tolerant“ diese Meinung teilten. - „Und in den Betrieben“, fügte Marko Röhrig hinzu, Gewerkschaftssekretär der IG Metall. „Auch dort gehen Deutsche und Migranten tolerant und respektvoll miteinander um!“ Röhrig lud die Remscheider Unternehmer ein, sich den Rechten ebenfalls entgegen zu stellen, beispielsweise dadurch, dass sie das Logo des Bündnisses in ihren Briefkopf übernähmen.
Dass Fremdenfeindlichkeit ein Ausdruck für Intoleranz sei, sagte Fritz Beinersdorf, der Fraktionsvorsitzende der Linken. Bereits am Vortag, beim Neujahrsempfang seiner Partei in der städtischen Galerie, hatte er „die Zusammenarbeit aller demokratischen Kräfte für ein tolerantes, demokratisches, interkulturelles und solidarisches Remscheid“ begrüßt. Rassisten und Neonazis könnten in Remscheid keine Toleranz erwarten.
Karl-Heinz Bobring, der Vorsitzende des städtischen Beirats für die Gleichstellung der Menschen mit Behinderungen, berichtete, wie freundlich man ihm auf seinen Auslandsreisen begegnet sei. Auch deshalb schäme er sich für „die rassistischen und faschistoiden Ideen hier in Deutschland. Es gibt gewiss auch in Remscheid Bürger mit solchen Gedanken. Auch denen müssen wir entgegentreten! Wir dürfen die ideologische politische Auseinandersetzung nicht scheuen!“
Pfarrer Johannes Haun (ev. Kirchengemeinde bei der Stiftung Tannenhof) wünschte sich für den 24. März eine Gegendemonstration möglicher vieler Demokraten. Und bei Facebook schreibt Klaus Sappelt: „Ich möchte unbedingt möglichst viele Leute gegen den Rechtspopulismus dieser 'Bürgerbewegung' und anderen auf die Straße bringen!“ Gestern Nachmittag hatten bereits 237 Remscheider seine elektronische Einladung angenommen. Am 24. März soll auf Autowimpeln, Fahnen, T-Shirts u. a. gezeigt werden, dass sich Remscheid und seine Bürger/innen von rechten Gruppierungen die Toleranz nicht nehmen lassen. Auf den Spendenkontos des Aktionsbündnisses sind bereits jetzt – ohne größere öffentliche Aufrufe – 2.000 Euro eingegangen. Rund 10.000 Euro fehlen noch, um das zu verwirklichen, was sich Hans Lothar Schiffer und andere ausgedacht haben. Martin Sternkopf, der Leiter des städtischen Zentraldiensts Integration und Migration: „Wir sind für jeden Euro dankbar!“
An den T-Shirts mit der Aufschrift „Remscheid tolerant“ hätten viele Schülerinnen und Schüler Interesse, berichtete gestern Oberstudiendirektor Hans Heinz Schumacher, der Leiter des Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasiums. Denn Toleranz und ein friedliches Miteinander werde auch in den Remscheider Schulen gepflegt. An der geplanten Gegendemonstration würden sich die Jugendlichen zwar nicht beteiligen, aber im Vorfeld an mancherlei „solidarischen Aktionen“. Entsprechende Rückmeldungen habe er auch von Eltern und Lehrern inzwischen erhallten.
Für den Waterbölles war es selbstverständlich, dem Aktionsbündnis beizutreten. Denn Rechtsextremen steht diese Diskussionsplattform nicht zur Verfügung. „Remscheid tolerant“ ist ein offenes Bündnis, das möglichst viele Remscheider Bürger/innen unterstützen sollten.
Spendenkonten:
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AWO Kreisverband RS, Konto 26237, Stadtsparkasse Remscheid, BLZ 34050000, Stichwort "Remscheid Tolerant"
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Caritasverband Remscheid, Konto 11643, Stadtsparkasse Remscheid, BLZ 34050000, Stichwort „Remscheid Tolerant“
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Ökumenischen Initiative Lüttringhausen e.V., Konto 223370, Stadtsparkasse Remscheid, BLZ 34050000, Stichwort "Remscheid Tolerant"
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Felix Staratschek am :
Gewerkschaft ver.di Rhein-Wupper am :
Erkan Köktas am :
Heimatbund Lüttringhausen e.V., Vorstand und Beirat am :
Jürgen Koball am :
Andreas Stuhlmüller, Vors. CDU Lüttringhausen am :
Andreas Stuhlmüller, Vors. CDU Lüttringhausen am :
Erkan Köktas am :