Die Argumente der Gegner eines Designer-Outlet-Centers
Die bereits am Samstag im Waterbölles im Entwurf dokumentierte Resolution, in der dem Nein der Bezirksregierung Düsseldorf zum Antrag der Stadt Remscheid auf Änderung des Regionalplans im Bereich des Stadtteils Lüttringhausen (Umwandlung GIB in ASB - Standort Blume) widersprochen wird, wurde gestern im Rat der Stadt textlich unverändert angenommen. 44 Ratsmitglieder stimmten dafür, lediglich vier dagegen. Die Resolution soll den Mitgliedern des Regionalrates vor ihrer nächsten Sitzung am 20. September übermittelt werden. Die vier Nein-Sager waren Fritz Beinersdorf und Klaus Küster (Linke) – das dritte Ratsmitglied der Linken, Brigitte Neff-Wetzel, hatte die Sitzung schon vor der Abstimmung verlassen – sowie von den Grünen Günter Bender und Stephan Jasper. Beinersdorf und Jasper begründeten ihr Nein ausführlich. |
„Wer den Kabinettsbeschluss zum Großflächigen Einzelhandel genau liest, kann eigentlich keinen Zweifel hegen, dass er mit der Intention gefasst wurde, einer landesweiten Outlet-Center-Schwemme einen gerichtsfesten Riegel vorzuschieben. Es kann nicht angehen, dass wir historische Innenstädte aufgeben, sie quasi auf den Müll werfen, um sie dann im landschaftlichen Freiraum in Form kitschieger Kopien wieder zu errichten.“
Stephan Jasper bezog sich sodann auf den renommierten Remscheider Architekten Friedhelm Reska (er betreibt ein Architektenbüro gemeinsam mit dem DOC-Befürworter York Edelhoff), den Architekturkritiker Dr. Dankwart Guratzsch und den Lüttringhauser Pfarrer Dr. Olaf Wasmuth; diese sähen in der Begeisterung für das skizzierte Shopping-Village „eine billige Pappmaché-Machart in Disney-Stil zu Lasten des altehrwürdigen Bestandes. „Es kann ebenfalls nicht angehen, dass wir angesichts einer weitgehend überlasteten Verkehrsinfrastruktur ein Fernverkehrseinkaufen begünstigen, was an der Blume beispielsweise die Zupflasterung von sechs Hektar Land für sage und schreibe 2.500 Parkplätze nach sich zöge. Deshalb begrüße ich persönlich, dass nun das eintritt, was der ehemalige Landesbauminister Voigtsberger und der Outlet-Center-Spezialist Acocella vorhergesagt haben: Die wohlüberlegten Ziele der Landesentwicklungsplanung lassen die Platzierung riesiger Warenausflussdörfer in nicht integrierten Lagen nicht zu. Konsequenterweise heißt das: Kein CentrO an der Blume! Nach meinem Dafürhalten ist die Stellungnahme aus dem Hause Lütkes sowohl richtig als auch folgerichtig – und also sehe ich keinen Grund, mich einer dagegen gerichteten Resolution anzuschließen!“
Vergeblich versuchte Jasper abschließend, Stadtplaner Hans Gerd Sonnenschein eine ausführliche Antwort auf die (schon in der BV Lüttringhausen gestellte) Frage zu entlocken, ob der Stadt denn die Fortführung der Planung angesichts des Zielkonflikts mit der Bezirksregierung und dem § 32 Absatz 1 des Landesplanungsgesetzes („Zur Anpassung der Bauleitplanung an die Ziele der Raumordnung hat die Gemeinde bei Beginn ihrer Arbeiten zur Aufstellung oder Änderung eines Bauleitplanes unter allgemeiner Angabe ihrer Planungsabsichten bei der Bezirksplanungsbehörde anzufragen, welche Ziele für den Planungsbereich bestehen.“) überhaupt möglich sei. Sonnenschein lapidar: „Das Planverfahren werden wir fortführen!“
„Die Bezirksregierung Düsseldorf hat ein klares Nein zu einem Designer Outlet Center an der Blume gesprochen und dies umfassend begründet. Jeder, der die Gesetzeslage kennt, jeder, der die Inhalte der seinerzeit von der CDU-Regierung Rüttgers politisch vorangetriebenen Entwicklungsrichtung der Landesentwicklung, deren Stellung zum großflächigen Einzelhandel auf der grünen Wiese zur Kenntnis genommen hat, hat gewusst, dass diese Entscheidung der Bezirksregierung so kommen musste, wie sie gekommen ist“, begann DOC-Kritiker Fritz Beinersdorf, Fraktionsvorsitzender der Linken, seine Rede. „Trotzdem bläst sich die DOC-Mehrheit voller Empörung auf. Das Ergebnis dieser Empörung liegt dem Rat nun als Resolution zur Beschlussfassung vor. Diese Resolution wird keine Wirkung haben, das wissen alle Akteure. Die Mitglieder des Regionalrates werden in übergroßer Mehrheit das Ansinnen der Bezirksregierung stützen. Also kein DOC an der Blume!“
Die Aufforderung in der Präambel an die Mitglieder des Regionalrats, „das Projekt im weiteren Verfahren vorurteilsfrei und fair zu behandeln“, belege, dass die DOC-Mehrheit sich über die Sachlage im Klaren sei. In der Präambel werde dann mit stolz geschwellter Brust Bezug genommen auf die Bürgerbefragung vom 16. Oktober 2011 und das Votum der Bürger. Die DOC-Mehrheit sehe sich dadurch verpflichtet, das eingeleitete Planverfahren fortzuführen, und man sei sogar bereit, dafür vor Gericht zu ziehen. „Dass 61,1 Prozent der berechtigten Remscheiderinnen und Remscheider der Bürgerbefragung ferngeblieben sind, kümmert anscheinend niemanden, wird übrigens auch nicht hinterfragt.“
Warum eigentlich werde in der vorliegenden Resolution das Festhalten der Bezirksregierung an der gegenwärtigen Ausweisung der Blume als Gewerbegebiet kritisiert? Bis in das Frühjahr 2011 hinein habe das Industriegebiet Blume dem Zentraldienst Stadtentwicklung als unverzichtbar gegolten. Wenn es nun in der Resolution heiße: „ Mit dem Projekt (DOC) verbindet die Stadt Remscheid das Ziel einer Stärkung der Innenstadt sowie der Ortsteile Lennep und Lüttringhausen einerseits und der gesamten Region andererseits“, dann müsste eigentlich jedermann wissen, „dass dies so nicht der Fall sein wird, sondern dass eher das Gegenteil eintreten wird“. Beinersdorf weiter:
„Wenn ich diese Resolution in ihrem Gehalt und im Hinblick auf deren möglichen Nutzen bewerte, dann gelange ich zu der folgenden Erkenntnis: „Die DOC-Mehrheit des Remscheider Rates möchte mit Hilfe einer Luftpumpe die Windrichtung verändern.“ Die Menschen in dieser Stadt seien enttäuscht, sehr viele Menschen hätten sich das DOC für Remscheid gewünscht, aber vor der Bürgerbefragung seien diese Menschen „über wichtige juristische, finanzielle, baurechtliche und raumplanerische Fragen im Unklaren gelassen worden. Stattdessen sind die Bürger mit den tollsten Versprechungen für ein Ja zum DOC geködert worden. Versprochen wurden 800 Arbeitsplätze, davon 240 als 400 Euro Jobs, die restlichen 560 Arbeitsplätze sollten Teil- und Vollarbeitsplätze sein. Entsprechend der durchgängigen Praxis im Einzelhandel sind das dann ca. 380 Teilzeitarbeitsplätze und 180 Arbeitsplätze in Vollzeit. Diese Arbeitsplätze wären allerdings nicht neu, sondern sie würden im Wesentlichen aufgrund von Umsatzeinbußen im innerstädtischen Einzelhandel und im Einzelhandel der umliegenden Städte und Gemeinden verschwinden und dann im DOC wieder auftauchen.“
Versprochen habe man auch sprudelnde Gewerbesteuereinnahmen. „Aber so toll wird das nicht sein, die übergroße Anzahl der Shops im DOC wird ihre Umsätze am Heimatstandort ihres Unternehmens versteuern und dort die Gewerbesteuer entrichten. Der DOC Eigentümer Henderson Global und der DOC Betreiber, die Mc Arthur Glen S.a.r.l., eine GmbH Luxemburger Rechts mit einem Euro Haftungskapital, werden in den nächsten Jahren mittels Abschreibung ihre Gewinne klein rechnen und möglicherweise sogar Verluste steuerlich geltend machen. Von Ihnen ist kein Cent zu erwarten.“
Auch seien Hoffnung geweckt worden, dass Remscheid zu einer touristischen Hochburg werden würde. „Das ist Schwachfug, der Weg des DOC-Kunden wird sein: BAB – DOC und dann zurück DOC – BAB.“ Beinersdorf erinnerte an ein Schreiben seiner Fraktion vom 12. Juli an die anderen Ratsfraktionen betont, in dem man geraten habe, „im Sinne der Rechtssicherheit, Form und Gegenstand der Einwohnerbefragung von der Bezirksregierung Düsseldorf im Voraus juristisch prüfen zu lassen“ und zunächst mit der Bezirksregierung die grundsätzliche baurechtliche Frage zu klären, ob es iman der Blume ein Designer-Outlet-Center überhaupt mit den Zielen der derzeitig gültigen Landesraumplanung und dem aufgestellten Regionalplan in Übereinstimmung zu bringen sei. Dieser Antrag sei von der Ratsmehrheit später abgelehnt worden. Auch seien die Bürger nicht, wie gefordert, in einer Broschüre oder einem Flyer „neutral über das Pro und Contra eines DOC unterrichtet worden. „Man hat die Bürgerinnen und Bürger dessinformiert und instrumentalisiert, um die Bezirksregierung unter Druck zu setzen. Allerdings fragen viele Menschen jetzt, unter dem Eindruck der im Juli 2011 schon absehbaren Absage aus Düsseldorf: Warum das alles? Manche Menschen sagen: „Die Stadt will uns Bürgern auf diese Weise weismachen, dass sie für uns Bürger kämpft und sogar bereit ist, für uns vor Gericht zu ziehen.“
Die Fraktion der Linken werde sich nicht an Projekten beteiligen, die nicht zukunftsfähig und unökologisch sind. „Wir sind für starke Städte mit entwickelten Zentren und kurzen Wegen, wir sind für ein Remscheid, das die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft meistert. Es wird Zeit für einen Masterplan für Remscheid, der auf der Basis einer ehrlichen Bestandsaufnahme machbare Visionen für die Zukunft entwirft. Mieter, Haus- und Grundbesitzer und nicht zuletzt die öffentliche Hand haben in den letzten Jahren auch in Remscheid erhebliche Beträge in den Klimaschutz investiert. Über eine Million Euro erst kürzlich in die energetische Sanierung der Schule Rosenhügel. Diese Erfolge für den Klimaschutz würden durch ein DOC und den damit verbunden Schnäppchen – Tourismus per Automobil in erheblichen Maße in Frage gestellt. Wer sich dem Klimaschutz verpflichtet fühlt, kann sich nicht für ein DOC aussprechen und kann somit auch die vorliegende Resolution nicht mittragen.“
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