„Philosophischer Stammtisch“ ohne Gymnasiallehrer Dornseiff
Waterbölles-Kommentar
Wer sich vorgenommen hat, heute Abend in der „Denkerschmette“ den „philosophischen Stammtisch“ zu besuchen, um zu erfahren, welche Gedanken sich Dr. Johannes Dornseiff über "Religion und Unglaube" gemacht hat - der 1989 pensionierte Lehrer eines Remscheider Gymnasiums kam in der Denkerschmette in der Vergangenheit schon mehrfach als Referent zu Wort -, kann sich den Weg sparen. Es sei denn, er interessiert sich für Karl Hermann Siebel und sein Thema: " Humanität und Ethik". Die E-Mail von Reinhard Ulbrich, Chef der Denkerschmette, über die kurzfristige Programmänderung erreichte den Waterbölles gestern um 18.18 Uhr: Zitat: “Leider konnte ich Ihnen diese Mitteilug nicht früher senden, da sich die Änderung kurzfristig ergeben hat und ich den ganzen Tag unterwegs war.“
Was war geschehen? Dornseiff ist Mitunterzeichner eines Anfang dieses Monats verteilten Flugblatts der rechtsgerichteten "IG Remscheid-Mitte", in dem für ein Bürgerbegehren gegen die an der Weststraße geplante Moschee geworben wird – mit den von früheren Aktionen von „Pro NRW“ her bekannten Parolen ("Großmoschee"). Fritz Beinersdorf, Fraktionsvorsitzender der Linken im Rat der Stadt, war das Flugblatt in die Hände und darin der Name Dornseiff aufgefallen, ebenso Klaus Sappelt von den Grünen. Eine Internetrecherche führte zum so genannten „Mittelstand Café“, einer Online-Zeitung, die von der Firma LayerMedia Inc. herausgegeben wird ( Sitz der Redaktion und des Verlages sind ausweislich des Impressums in Boston, USA). Darin wird auf Dornseiffs Buch "Rechte Notizen" aufmerksam gemacht. Zitat: "Der Autor, der klassische Philologie studiert hat – promoviert mit der Herausgabe eines byzantinischen Textes – … leitet sein Werk mit seinem neuen Deutschlandlied ein.“
Der Liedtext gehört zu den Auszügen aus dem Buch auf Dornseiffs eigener Internetseite. Kostprobe? „Deutschland, Deutschland, bist verblichen. O wie schnell ist das geschehn! Deutsche Art, sie ist gewichen, Fremden, die nicht wieder gehn.“ Und an anderer Stelle heißt es: „Wenn die Vertreibung der Deutschen ‚eine Folge‘ des Angriffskrieges war, war dann nicht der Angriffskrieg - warum nicht auch gleich die Judenverfolgung? - eine Folge des Versailler Diktats?“ Das ließ für den heutigen Abend heftige Diskussionen in der Denkerschmette erwarten. Denn mehrere Mitglieder von „Remscheid Tolerant“, dem „Aktionsbündnis gegen jedwede Form des Extremismus in unserer Stadt“, hatten ihr Erscheinen angedeutet. Doch für Reinhard Ulbrich war das zunächst kein Grund, Dornseiff auszuladen. Der sei ihm zwar als „als aktiver Gegner der Remscheider Moschee-Pläne bekannt“, sagte er dem RGA (Bericht in der Mittwochausgabe). Für Dornseiffs Schriften gelte dies aber nicht. Doch seine E-.Mail von gestern Abend läßt einen Meinungsumschwung vermuten. Ulbrih selbst schweigt dazu.
Der Lenneper Lehrer Dorfseiff hat bislang fünf Bücher veröffentlicht, vier davon im Berliner Frieling-Verlag. 896 Seiten umfasst allein „Tractatus absolutus – „Selbstaufklärung des Denkens“, von dem der Autor selbst auf seiner Homepage schreibt: „Aus der Erfahrung, dass sich alles von ihm Gedachte immer wieder zerdenken ließ, hat der Verfasser einen Standpunkt gewonnen ("Ist etwas zu sagen? - An sich ist nichts zu sagen"), von dem aus diese zunächst anstößige Erfahrung verständlich ist und alles bisherige Denken - zunächst nur das eigene Denken des Verfassers, dann aber auch das aller Anderen - als naiv erscheint.“ Alles klar?
Ein gewisses Sendungsbewusstsein ist Dr. Johannes Dornseiff nicht abzusprechen. Sonst hätte er „Rechte Notizen“ nicht als „Buch on demand“ bei xlibri.de in 86925 Fuchstal produzieren lassen. Denn das dürfte ihn rund 4.000 Euro gekostet haben. Wer bei xlibri.de digital ein Formular ausfüllt (Format 15,5 x 22 cm, 300.000 Zeichen) erfährt auf Knopfdruck, dass er für Gestaltung und Druck seines Werkes insgesamt 3.875 Euro kosten wird (136 Euro für die Gestaltung und 3.490 Euro für den Druck). Dafür erhalte er dann 500 Exemplare eines Buches mit 136 Seiten. „Rechte Notizen“ von Dr. Johannes Dornseiff hat 136 Seiten (ISBN 978-3-940190-66-6). „Mehr als Notizen sind es tatsächlich nicht. Aber vielleicht doch so treffend, dass die Vertreter des Gutmenschentums und der political correctness daran Anstoß nehmen werden. Von den (von sich selbst) so genannten Antifaschisten ganz zu schweigen“, schreibt Dornseiff auf seiner Homepage über das eigene Buch.
Selbstüberschätzung, in der Tat! Denn wer sich mühsam durch die Auszüge des Buches hindurchgearbeitet hat, kann – wie Reinhard Ulbrich – zu dem Urteil „unmöglich“ kommen oder es einfach nur kopfschüttelnd mit „wirr“ abtun. Diese „politischen Notizen als eine Art Nachlass zu Lebzeiten“ (Zitat Dornseiff) sind alles andere als „treffend“. Noch eine Leseprobe gefällig? „Ein schlimmes Erbe hinterlassen wir den nachfolgenden Generationen … durch Fremde im Land und ‚Durchrassung‘.“ Das Internetlexikon Wikipedia definiert übrigens den von Dornseiff benutzten Begriff des „Gutmenschen“ als „Kampfbegriff in der politisch Rhetorik“, Unwort des Jahres 2012, mit dem „das ethische Ideal des ‚guten Menschen‘ in hämischer Weise aufgegriffen (wird), um Andersdenkende pauschal und ohne Ansehung ihrer Argumente zu diffamieren und als naiv abzuqualifizieren.“ (Foto rechts: Der Demonstrationszug gegen die rechte 'Pro NRW' am 24. März 2012.)
Beim "Philosophischen Stammtisch" in der Denkerschmette sei es bislang stets unpolitisch zugegangen, sagte Ex-Oberbürgermeister Reinhard Ulbrich gestern dem RGA. Und er bezeichnete die Stammtische als "segensreiche Einrichtung". Kann es sein, dass Dr. Johannes Dornseiff sie im Gegenteil höchst politisch verstanden hat? Denn ein Mann mit Sendungsbewusstsein ist ohne Publikum rein gar nichts. Ulbrich hätte es wissen müssen.
Kommentare
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Beatrice Schlieper am :
Chronist am :
Michael Dickel am :
Klaus Sappelt am :
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