Zwei Häuser für Röntgen: "Hier das Herz, dort das Hirn!"
„Geburtshaus von Röntgen wird Begegnungszentrum“, titelte der Waterbölles am 27. Mai 2011. Kurz zuvor hatte die Stadt das mehr als 1200 Jahre alte Fachwerkhaus Gänsemarkt 1 in Lennep, in dem Wilhelm Conrad Röntgen am 27. März 1845 als einziges Kind des Tuchfabrikanten Friedrich Röntgen und dessen Frau Charlotte Constanze geb. Frowein das Licht der Welt erblickt hatte, für einen symbolischen Euro an die Deutsche Röntgengesellschaft in Berlin (DRG) verkauft. Die will das Haus, das im vorigen Jahrhundert lange Zeit eine Metzgerei war, zum Begegnungszentrum ausbauen (mit Übernachtungsmöglichkeiten, z.B. für Gäste aus dem Ausland). Und dafür hat sie inzwischen eine Stiftung gegründet, deren Gemeinnützigkeit beantragt wurde und demnächst anerkannt werden wird, da waren gestern auf einer Pressekonferenz im Röntgenmuseum die Vertreter der Deutsche Röntgen-Gesellschaft, der „Geburtshaus Wilhelm Conrad Röntgen Stiftung“ und des Deutsche Röntgen-Museums sehr zuversichtlich. Sobald das geschehen ist, werde die Stiftung „durchstarten“, kündigte Stiftungsvorstand Prof. Dr. Ulrich Mödder an, zugleich Vorsitzender der Gesellschaft der Freunde und Förderer des Röntgen-Museums. Dann werde die Stiftung gezielt namhafte Radiologen um Spenden bitten, um die Sanierung des Hauses finanzieren zu können.
„Das bedarf einer sechsstelligen Summe!“, hatte vor zwei Jahren Kulturdezernent Dr. Christian Henkelmann geschätzt. Auf eine konkrete Summe wollte sich gestern Prof. Dr. med. Norbert Hosten aus Greifswald, designierter Vorsitzender der (DRG), zwar nicht festlegen. Doch dass die grundlegende Sanierung der Fachwerkkonstruktion sowie der Umbau und die technische Modernisierung der Räume auf drei Etagen teurer werden wird als gedacht, steht fest, nachdem der Remscheider Architekt Christoph Welke, spezialisiert auf die Sanierung denkmalgeschützter Gebäude, und Sascha Nitsche, Meister im Zimmerhandwerk und Sachverständiger für Holzschutz aus Köln, die im Winter von Bauhandwerkern freigelegten Balken des Haues begutachtet hatten. Exakt wurde für jede Wand des Hauses vermerkt, welche Balken fehlen, welche repariert und welche komplett ersetzt werden müssen. Sascha Nitsche: „Die Wände waren zwar dick, klangen aber hohl.“ Es stellte sich heraus, dass sie vor Jahren mit Pressspanplatten, Gipskarton, Mineralwolle und Yton-Steinen teilweise so unfachmännisch „restauriert“ worden waren, dass Schwitzwasser in Balken ziehen konnte.
Dr. Angela Koch von der Unteren Denkmalbehörde der Stadt Remscheid geht davon aus, dass knapp 20 Prozent der Holzkonstruktion Schäden aufweisen. „Ein typisches Schadensbild für ein älteres Fachwerkhaus“, so Sascha Nitsch. „Das ist immer noch gut sanierbar!“ Die neu gegründete Stiftung hofft dabei auf öffentliche Zuschüsse. Beantragt hat sie noch keine – und will sich darauf auch nicht verlassen. Den größten Teil der Sanierungskosten hofft sie durch Sponsorengelder aus der Ärzte- und Wissenschaft abdecken zu können. Prof. Dr. Ulrich Mödder: „Wir sind zuversichtlich, die notwendigen Gelder zusammenzubekommen!“ Unter Zeitdruck sieht sich die Stiftung bei diesem Projekt jedoch nicht. Es müsse sich entwickeln, so Dr. Stephan Lohwasser, der Geschäftsführer der DRG: „In diese Denkmalsanierung müssen wir Erfahrung und Wissen hineinnehmen, dürfen nichts überstürzen!“
Drei Jahre werde die Sanierung des Hauses wohl in Anspruch nehmen, sagten die Experten gestern. Um die Rohbaugewerke werden sich, sobald der Bauantrag bei der Stadt gestellt und von dieser genehmigt ist, im Laufe dieses Jahres noch Zimmerleute, Dachdecker, Klempner, Glaser und Schreiner kümmern. Ein Teil der Wände im Erdgeschoss soll wegfallen, bei den verbleibenden sollen die Holzgefache in bewährter Technik mit Lehmbausteinen ausgefüllt und die Wände sodann mit einer Lehmschicht verputzt werden. Der Innenausbau soll 2014 folgen – Arbeit für Elektriker, Sanitär- und Heizungsfachleute. Moderne Heizungstechnik ist vorgesehen: Heizschlangen in den Wänden statt Radiatoren oder Fußbodenheizung.
Dr. Uwe Busch, stellvertretender Leiter des Röntgen-Museums, freut sich schon auf den Tag, an dem er die ausgelagerte Museumsbücherei in das restaurierte Geburtshaus von Wilhelm Conrad Röntgen bringen kann sowie original Möbel des Entdeckers der Röntgenstrahlen. Auch einige handschriftliche Dokumente von Röntgen aus dem Besitz des Museums sollen künftig im Haus Gänsemarkt 1 zu sehen sein. Wobei das museale Konzept im Detail erst noch mit der Stiftung als Hausherr abgestimmt werden muss, so Busch. Im Grundsatz sind sich Stiftungsvorstand und Museumsleitung aber schon einig: „Das Museum ist das Hirn, das Geburtshaus der Herz von Röntgen!“
Waterbölles zur Geschichte des Hauses (mit freundlicher Unterstützung von Uwe Busch):
- 10.10.1882: Catharina von Polheim verkauft das Haus an Johann Heinrich Röntgen und Anna Louise Frowein. Das Haus wurde dann an Friedrich Conrad Röntgen (Vater von W.C. Röntgen) und dessen Brüder Richard und Ferdinand vererbt
- 29.10.1846: Die Brüder verkaufen das Haus an Metzger Gustav Kühne
- 1900: Verkauf des Hauses an Metzger Friedrich Wilhelm Drösser
- 3.2.1964: Drössers Sohn verkauft das Haus an die Stadt Remscheid.
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