Neben der Außenseiterrolle wird auch Mobbing thematisiert
Für einige ist es bereits die dritte Theaterwerkstatt und folglich auch die dritte Premiere. Einige sind zum zweiten Mal dabei, und drei lernten erst ab September vorigen Jahres betont zu sprechen, punktgenau einzusetzen und „textsicher“ zu sein. Damals begann die 4. Theaterwerkstatt des Westdeutschen Tournee-Theaters an der Bismarckstraße. Und dort kommen in dieser Woche Mehmet Aydin (Sophie-Scholl-Gesamtschule), Justin Estradas (ehem. Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium), Lea Gröning (Berufskolleg am Kothen, Wuppertal), Lia Jannasch (ehem. Sophie-Scholl-Gesamtschule), Lukas Mitterholzer (Gertrud-Bäumer-Gymnasium), Elina Raddy (Gymnasium Wermelskirchen), Naomi Schäffer (Sophie-Scholl-Gesamtschule), Sophia Schulte Kellinghaus (Herder Schule, Wuppertal) und Hans Schultz (Alexander-von-Humboldt-Realschule) jeden Abend zusammen, um unter der Regie von Kristina Oten und Björn Lenz, Ensemblemitgliedern des WTT, intensiv zu proben. Denn am kommenden Wochenende, genauer: am Samstag, 13. Juli, um 20 Uhr und am Sonntag, 14. Juli, um 18 Uhr wollen Eltern, Verwandte, Mitschüler und Stammbesucher des WTT (Eintritt fünf Euro im Kartenverkauf für jedermann) wissen, was die neun Jugendlichen auf den vielzitierten „Brettern, die die Welt bedeuten“ zu bieten haben.
Das 80 Minuten-Stück heißt „Yvonne“ und wurde von Witold Gombrowicz (* 4. August 1904 in Małoszyce, Russisches Kaiserreich; † 25. Juli 1969 in Vence, Frankreich) geschrieben. Er zählt zu den bedeutendsten polnischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. „Seinen Figuren, wie auch sich selbst, räumt Gombrowicz das Recht auf Individualität und geistige Freiheit ein, und zwar unabhängig von jeder Konvention. Jedes Individuum berechtigt er zur lebenslangen „Unreife“, die für ihn die Abwehr gegen die „reifen“ Formen des Lebens (herrschende Ideologien, Religionen, Nationalismen, gesellschaftliche Normen) und der Kunst (literarische und künstlerische Konventionen) symbolisiert“, heißt es bei Wikipedia. „YVONNE!“ (Originaltitel: „Yvonne, die Burgunderprinzessin“) ist als „Hofstaat-Satire“ geschrieben. Inhalt: Prinz Philipp, der immer gleichen Lustbarkeiten mit den hingabefreudigen Hofdamen überdrüssig, begegnet Yvonne, deren Andersartigkeit ihn reizt und herausfordert. Aus einer Laune heraus verkündet er seine Verlobung mit Yvonne. Um einen Skandal zu vermeiden, willigt der Hof in die Heirat ein. Yvonne widerspricht allen Verhaltensmustern, die man von ihr erwartet. Ihr beständiges Schweigen macht sie zum Rätsel und damit zur Bedrohung für alle. Jeder entdeckt in ihr die eigenen Schwächen und Mängel, die er sorgsam hinter der äußeren Form versteckt halten will.“
Regisseure und Schauspieler der Remscheider Inszenierung waren so frei, sich nicht sklavisch an den Ursprungstext zu halten. Eigene, spontane Formulierungen aus den Proben flossen ein, vor allem aber wird nun neben der Außenseiterrolle auch das Problem des Mobbings thematisiert – als moralische Würze der Satire. Und auch die Handlung wurde so verändert, dass es keine echten Haupt- und Nebenrollen mehr gibt und alle neun Jugendlichen den Einakter ohne Pausenunterbrechung zu gleichen Teilen „tragen“. Kristina Otten: „Wenn es uns gelungen ist, als den Werkstatt-Teilnehmern ein Ensemble zu machen, dann haben wir unser Ziel erreicht!“ In den ersten drei Theaterwerkstätten ist das gelungen, und auch diesmal sind die beiden Regisseure zuversichtlich. Insgesamt nahmen bisher 40 junge Leute zwischen 16 und 21 das Angebot des WTT an, sich als Schauspieler auszuprobieren. Björn Lenz: „In jedem Jahr war einer dabei, der bei einer Schauspielschule vorsprechen wollte. Aber ob es jemand geschafft hat – ich weiß es nicht!“ Eines steht für die beiden Regisseure allerdings fest: „Sicherer im Auftreten sind die Schüler alle geworden, und das bedeutet auch ein größerer Selbstbewusstsein!“ - Übrigens: Wer Interesse hat, an der 5. Theaterwerkstatt teilzunehmen – das Vorsprechen findet am Sonntag, 13 Uhr, im WTT statt.
Kommentare
Ansicht der Kommentare: Linear | Verschachtelt
Chronist am :