
Damit waren insbesondere die Jahresbesten gemeint, die Rüdiger Schneider auf der Bühne auf die Bühne gerufen hatte: „Ich spreche Sie von den Pflichten aus Ihrem Ausbildungsverhältnis fei und erhebe Sie in den Gesellenstand.“ Die Urkunden für Bestleistungen erhielten Zimmerer Stefan Cagnel (19), Zimmerer Robert Klese, Fleischerfachverkäuferin Maria Magdalena D´Ambrosio (20), Fleischerei Nolzen/Weber, Elektroniker Rüdiger Domo (21), Stadt Remscheid, Bäckereifachverkäuferin Sabrina Fastenrath (21), Bäckerei Evertzberg, Setinbildhauerin Tanja Gala (31), Steinmetzbetrieb A. Pauly, Friseurin Zelijka Loncaric (26), Salon M. Hembach, Friseurin Barba a Röhm (22), Salon Dana Prabel, Tischler Martin Schermer (25), Tischlerei Michael Runkel, Anlagenmechaniker Sven Christian Sommer (24), Fa. Luckhaus, und Kfz-Mechatroniker Jahn Wittkamp (24), Autohaus Scheider. Rüdiger Schneider: „Wer glaubt, Bildung dei teuer, weiß nicht, wie viel Dummheit kostet. Wer glaubt, Bildung sei zu teuer, der möge es mit Dummheit versuchen. Dem Handwerk war Bildung noch nie zu teuer!“
Die Kreishandwerkerschaft Remscheid bilden die zwölf Innungen Bau, Dachdecker, Metall- und Graviertechnik, Friseur, Nahrungsmittel (Bäcker / Fleischer / Konditoren), Gebäudereiniger, Kraftfahrzeuge, Elektrotechnik, Sanitär- und Heizungstechnik, Maler- und Lackierer (mit Fachgruppe Raumausstatter-Handwerk), Steinmetze und Steinbildhauer sowie die Tischler. Das Remscheider Handwerk umfasst insgesamt ca. 800 Vollhandwerksbetriebe, 180 zulassungsfreien Handwerksbetriebe und 170 handwerksähnlichen Betriebe. Darauf machte in seiner Begrüßungsrede Kreishandwerksmeister Armin Hoppmann aufmerksam: „In diesen Betrieben sind ca. 7.000 Frauen und Männer beschäftigt. Somit ist jeder fünfte sozialversicherungspflichtige Arbeitsplatz in Remscheid im Handwerk angesiedelt. Mit rund 700 Lehrlingen in den drei Ausbildungsjahren ist das Handwerk in Remscheid zudem auch mit Abstand der größte Ausbilder in der Region.“
Der Dank der Oberbürgermeisterin galt „allen Betrieben, die ausbilden bzw. weitere Ausbildungsstellen eingerichtet haben.“ Sie verwies auf das Konjunkturpaket II, das in diesen Tagen - nach vorbereitenden Planungsarbeiten von Architektenbüros – zu zahlreichen Aufträgen an heimische Handwerksbetriebe führe. Dies sichere dort Arbeitsplätze, freute sich Beate Wilding.
Hoppmann war zuvor auf die „schwierige wirtschaftliche und konjunkturelle Situation“ eingegangen, in der sich viele Betriebe des Handwerks befänden, bedingt durch die gegenwärtige gesamtwirtschaftliche Krise: „Abstürze an der Börse, Banken- und Finanzkrise, Insolvenzen und steigende Staatsverschuldung – viele Menschen schauen mit Sorge in die Zukunft. Von Zuversicht kann auch in vielen Betrieben des Handwerks keine Rede sein - dünne Auftragsbücher zeugen davon, auch wenn schon wieder ‚Licht am Ende des Tunnels’ zu sehen ist. Vielleicht wird es ja schneller besser als manche Experten, die wohl nicht immer ihr Handwerk verstehen, prognostizieren.“ Nur Unternehmer mit Bodenhaftung, die über Gemeinsinn und Verantwortungsgefühl verfügten und die Verantwortung für eigenes Handeln übernähmen, seien in der Lage, das Vertrauen in die Wirtschaft wieder zu stärken und den „Karren aus dem Dreck“ zu ziehen. In diesem Sinne sei die Krise auch eine große Chance für das Handwerk. Hoppmann weiter:
„Trotz der schwierigen Situation kommt das Handwerk weiterhin seiner Verpflichtung nach und stellt Ausbildungsplätze in nicht unerheblichem Umfang zur Verfügung. Mit Stichtag heute verzeichnet das Remscheider Handwerk insgesamt 184 neue Ausbildungsverhältnisse. Dies ist ein Zuwachs von 1,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr, wobei schon die Zahlen des Vorjahres ein extrem hohes Niveau hatten. Ich rufe trotzdem an dieser Stelle die zahlreichen Handwerksbetriebe, die noch nicht ausbilden, auf betrieblich zu prüfen, ob nicht weitere Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt werden können. Ausbildung ist eine der besten Investitionen in eine gute Zukunft – in eine gute Zukunft für die Betriebe mit erstklassigem Personal und eine gute Zukunft für die jungen Menschen in Berufen, die schon immer ein starkes Stück Zukunft waren und sind.

Allerdings, und dies muss gesagt werden, können wir im Handwerk nur jungen Menschen eine Chance geben, die auch ausbildungsfähig sind. Die schulische Qualifikation muss ebenso vorhanden sein, wie auch eine entsprechende Sozialkompetenz. Die Forderung des Handwerks, wie auch der übrigen Wirtschaft, dass eine angemessene schulische Qualifikation in den Fächern Deutsch und Mathematik vorhanden sein muss und auch mit den übrigen Fächer ein breit angelegtes Allgemeinwissen bewiesen werden muss, ist weder unsittlich noch unangemessen, sondern ganz im Interesse der jungen Menschen, die ein Recht auf eine gute Schulausbildung haben. Die weitergehende Forderung des Handwerks nach Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Höflichkeit und Einsatzbereitschaft ist nichts Verwerfliches, sondern muss für junge Menschen eine Selbstverständlichkeit sein.“
Hauptrednerin auf der Lehrabschlussfeier war die nordrhein-westfälische Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter. Und auch Sie warb für Weiterbildung: „Eine gute Berufsausbildung muss nicht beim Gesellenbrief enden. Viele von Ihnen wollen bestimmt weiter vorangehen - weiter zur Meisterprüfung, mitunter auch weiter zu einem Studium oder zur unternehmerischen Selbstständigkeit. Dafür benötigen Sie Leidenschaft, Leistungswillen und Bereitschaft zum Wettbewerb - alles das haben Sie schon bewiesen, sonst säßen Sie heute nicht hier. Ich möchte Sie deshalb herzlich ermutigen, Ihren Weg fortzusetzen.“
Die Justizministerin nutzte die Gelegenheit, um auf andere junge Menschen aufmerksam zu machen, deren weiterer Lebensweg mit vielen Fragezeichen verbunden ist – auf die rund 1.500 straffällig Jugendliche oder Heranwachsende, die derzeit in den nordrhein-westfälischen Strafvollzugsanstalten inhaftiert sind. „Dabei handelt sich oftmals um Jugendliche, denen Erfolgserlebnisse - so wie Sie sie heute feiern - versagt blieben, die in ihrem heimischen Umfeld vernachlässigt worden sind und deshalb schon so manche Enttäuschung in ihrem jungen Leben hinter sich gebracht haben. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir auch diese jungen Menschen nicht fallen lassen und aufgeben dürfen!“
Deshalb habe die Landesregierung zusammen mit dem Westdeutschen Handwerkskammertag und dem Deutschen Fußballbund ein Resozialisierungsprojekt unter dem Leitsatz "Anstoß für ein neues Leben" gestartet: „Wir haben in unseren Jugendvollzugsanstalten Fußballmannschaften mit ausbildungsfähigen und ausbildungswilligen jungen Strafgefangenen zusammengestellt. Jede dieser Mannschaften wird über die Sepp-Herberger-Stiftung regelmäßig trainiert und der Besuch von prominenten Sportlern ist für sie Ansporn und Anerkennung. Das zweite und entscheidende Standbein dieses Projekts ist unsere Kooperation mit den Handwerkskammern und Handwerksbetrieben. Es ist der berufliche Alltag, der den Menschen prägt. Diese Chance wollen wir auch für straffällig gewordene Jugendliche nutzen. In kleinen Betrieben bestehen soziale Einheiten, die unterstützen und korrigieren, die verloren gegangenen Halt bieten können. Das Handwerk kann über Beschäftigung und Ausbildung einen maßgeblichen Beitrag zur Reintegration leisten.“
Fred Schulz, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Remscheid, sagte der Ministerin Gespräche zu, die klären sollen, wie sich örtliche Betriebe an diesem Projekt beteiligen können.