Schon zweimal – im August 2007 und im Juni 2008 - berichtete der Waterbölles über ein Projekt, durch das ärztliche Behandlungsfehler vermieden werden sollen: Das „Arztnetz“. Im Juni 2008 hatte der Vorsitzende dieser Genossenschaft, der Kardiologe Dr. Andreas Streeck, den Mitgliedern des städtischen Sozialausschuss den Zusammenschluss von damals 45 Ärzten im Raum Remscheid, Wermelskirchen, Radevormwald und Hückeswagen vorgestellt, im August 2007 in einer Vortragsreihe der Volkshochschule. Inzwischen hat die Genossenschaft, eine Arbeitsgruppe des Trägervereins, der ärztlichen Qualitätsgemeinschaft Bergisch Land e.V. (AEQBL e.V.), zehn weitere Ärzte hinzugewonnen und bietet im Souterrain des Hauses Mandtstraße 5 Patientenseminare an für Asthmatiker und, Diabetiker, zur Raucherentwöhnung, über Heilfasten und gegen Stress. Dem großen Ziel des „Arztnetzes“, Haus- und Fachärzte mit Zustimmung der Patienten elektronisch so zu verknüpfen, dass beide Ärzte im Behandlungsfall alle Untersuchungsergebnisse, Diagnosen und verschriebenen Medikamente auf Knopfdruck parat haben. Das vermeidet Doppeluntersuchungen, spart also Zeit (bei den Ärzten) und Geld (auf Seiten der Krankenkassen. Und was hat der Patient davon? Er bekommt, je nach Schwere der Erkrankung, unter Umständen schneller einen Termin beim Facharzt als sonst. Und er kann sicherer sein, dass sich beispielsweise das vom Hausarzt verschriebene Medikament mit dem verträgt, das der Facharzt verordnet. Weil beide nur auf ihren PC-Bildschirm schauen müssen um zu erfahren, welche Arzneien der Patient gerade einnimmt und wie dringend eine Behandlung ist.
„Keine Angst vor dem gläsernen Patienten“, fordert Andreas Streeck. Denn die persönlichen Daten lägen nicht auf einem zentralen Server, sondern würden von einen auf den anderen Arzt erst im Bedarfsfall übermittelt – und auch nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Patienten. Das aber erfordert in jeder Praxis technische Investitionen. Da kommen dann schnell mal 10.000 Euro zusammen. Vielleicht liegt es auch daran, dass der Vorstand des „Arztnetzes“ so seins Schwierigkeiten hat, „den Kollektivgedanken nahe zu bringen“, wie die Allgemeinmedizinerin Martina Weber gestern auf einer Pressekonferenz sagte. Dazu ein paar Zahlen: In Remscheid arbeiten zurzeit insgesamt 184 Ärzte, 73 Hausärzte und 110 Fachärzte. Davon sind 33 Haus- und 22 Fachärzte (zusammen also 55) Mitglied von „Arztnetz“. Vernetzt ist davon gerade mal ein knappes Drittel. Dabei könne eine „attraktive technische Struktur“ helfen, junge Ärzte nach Remscheid zu holen, meint Dr. Andreas Streeck. Es gebe zahlreiche Ärzte in Remscheid, die kurz vor dem Rentenalter stünden und Nachfolger suchten. Werde diesen kein modernes Umfeld geboten (dazu zählt das „Arztnetz“ auch seine strukturierten Weiterbildungsmöglichkeiten), entschieden sie sich womöglich für eine andere Stadt. Für die verbleibenden Ärzte in Remscheid bedeute das, so Streeck, in gleicher Zeit mehr Patienten versorgen zu müssen als vorher.
Ärzte über einheitliche Software miteinander zu vernetzen scheint gleichwohl ähnlich schwierig zu sein wie dicke Bretter zu bohren. Solingen ist in da schon weiter als Remscheid. Dort sind 70 Ärzte vernetzt, rechnen langfristig mit günstigeren Verträgen mit den Krankenkassen, weil zum Beispiel Doppelmedikationen wegfallen und durch schnelle Behandlungswege Krankenhausaufenthalte vermieden werden können. Inzwischen wird in beiden Ärztenetzen über eine engere Zusammenarbeit nachgedacht. Während sich alle drei Krankenhäuser in Solingen dem Netzwerk angeschlossen haben, scheint das Sana-Klinikum Remscheid noch zu zögern.