Ab Freitag rollt der Testverkehr auf dem Markt und der unteren Alleestraße. 40 Kurzzeitparkplätze wurden dort eingezeichnet, um motorisierten Remscheidern im nächsten halben Jahr in der Fußgängerzone den „schnellen Einkauf zwischendurch“ zu ermöglichen. Vor Ort erläuterten gestern Mittag Stadtplaner Hans Gerd Sonnenschein, Projektleiter Joachim Karp (Zentraldienst Stadtentwicklung und Wirtschaft), Andreas Meike (Stadtmarketing) und Jürgen Beckmann (Ordnungsamt) noch einmal anhand von Plänen, wie der Pkw-Verkehr in dieser Zeit durch die Fußgängerzone fließen soll: Von der Wansbeckstraße vorbei am Ebertplatz, vor dem RGA links ab den Platz umrundend, über die Konrad-Adenauer-Straße vorbei an der Commerzbank, in Richtung Markt, dort rechts ab in die Alleestraße und dann weiter oberhalb über die Wilhelm-Schuy-Straße wieder Richtung Ebertplatz. Wer auf der Strecke beim ersten Mal keinen freien Platzplatz gefunden hat, kann eine zweite „Schleife“ versuchen.
Mit dabei gestern auch Oliver Knedlich und Florian Böker in Vertretung der Remscheider Wirtschaftsjunioren, Einzelhändler Bernhard Grunau (Marketingrat/Einzelhandelsverband) und Prof. Dirk Temme von der Universität Wuppertal. Er wird das Projekt wissenschaftlich begleiten. Der erste Teil der Projektarbeit ist bereits erledigt: An drei Tagen – jeweils von 11 bis 13 und 16 bis 18 Uhr – wurden die Passanten und Einzelhandelskunden gezählt. Das soll im März dann ein zweites Mal geschehen. Zählen werden in der Zwischenzeit aber auch 20 Einzelhändler an der unteren „Allee“ – nicht nur ihre Kunden, sondern auch die Kasseneinnahmen. Schließlich ist das erhoffte Ziel herauszufinden, ob durch Pkw-Schrittverkehr und Parkplätze eine Fußgängerzone zusätzlich belebt werden kann zum Vorteil der angrenzenden Geschäfte und zum Abbau auffälliger, trostloser Leerstände. „Heute sieht die untere Alleestraße noch einen Takt gruseliger aus als vor sieben Jahren“, erinnerte sich Wiju-Sprecher Knedlich. Damals hatten die Wirtschaftsjunioren sich erstmals für eine Öffnung der Alleestraße für den Fahrzeugverkehr stark gemacht („Konzept Klotz“). Bernhard Grunau animierte die Geschäftsleute in den vergangenen Wochen und Monaten, sich an dem Projekt zu beteiligen. Auf die Frage, ob er auch türkische Einzelhändler angesprochen habe, sagte Grunau gestern: „Nein, die sprechen ja kein Deutsch!“
Der „Testverkehr“ in Remscheid ist der erste im Regierungsbezirk Düsseldorf. Ob daraus ein Dauerzustand wird, sollte Prof. Dirk Temme in seinem Abschlussbericht die erhoffte Belebung bestätigen, steht allerdings noch nicht fest. Dies würde einen entsprechenden Grundsatzbeschluss des Rates der Stadt erfordern, so Stadtplaner Sonnenschein, und eine weitere Bürgerbeteiligung. Auch müsste dann die Bezirksregierung auf die Rückzahlung der Zuschüsse verzichten, die die Stadt für den einstigen Umbau der Alleestraße zur Fußgängerzone erhalten hatte. Dabei handele es sich derzeit noch um 130.000 Euro. Im April 2011 dürfte also mit dem Pkw-Verkehr auf der „Allee“ erst einmal wieder Schluss sein. Die halbjährige Testphase schlägt bis knapp 8.000 Euro zu Buche. Das Geld kam von Privatleuten (5.000 Euro) und den Wirtschaftsjunioren (3.000 Euro). Denn die finanzschwache Stadt durfte sich an dem Projekt auf Geheiß der Bezirksregierung finanziell nicht beteiligen.
Die Vorgeschichte: Zur Frage der testweisen Öffnung der unteren Alleestraße für den Fahrzeugverkehr hatte die Stadtverwaltung im Dezember 2009 36 Hausbesitzer und 65 Einzelhändler im Quartier Markt/Blumenstraße/Konrad-Adenauer-Straße angeschrieben. Nur 17 Hausbesitzer antworteten damals, davon 13 mit Ja. Von den Geschäftsanliegern schickten nur 23 ihre Fragebögen zurück, davon 16 mit Ja. Weil die Bezirksregierung in Düsseldorf auch wissen wollte, wie die Mieter zu dem Projekt stehen, fand am 30. März im Rathaus eine Bürgerversammlung statt. Daran nahmen 47 Bürger/innen und neun Kommunalpolitiker teil. (Zum Foto: Der Waterbölles hat sich erlaubt, den von Sonnenschein mitgebrachten Plan in vergrößerter Form in selbigen einzufügen. Sonst wäre darauf auch rein gar nichts zu erkennen gewesen.)