
Am 15. November erhielt der Waterbölles die folgende E-Mail von Reinhard Ulbrich: "Aufgrund der aktuellen Diskussion lautet das Thema
des nächsten Presseclubs am Mittwoch, 1. Dezember, um 20 Uhr: "Design Outlet Center an der Blume - Fluch oder Segen für Remscheid?"
Ich hoffe auf Ihr Kommen und eine spannende und informative Diskussion." Zur Einstimmung auf das Thema veröffentlicht die Waterbölles eine Satire ...
... von Roderich Trapp
Betet, das Ende ist nah! Denn in Remscheid wollen sie jetzt ein Outlet-Center bauen, das unmittelbar nach seiner Eröffnung sämtliche Wuppertaler Einkaufszentren in menschenleere Fußgängersahelzonen verwandeln wird. Das befürchten jedenfalls viele Händler, deren Bedenken ich ernst nehme. Also habe ich mal den schonungslosen Selbsttest gemacht und war an Allerheiligen im Outlet-Center in Roermond. Das bot sich an, weil man dank der Zeitumstellung ja die Stunde Fahrzeit durch vier Autobahnbaustellen praktisch geschenkt bekam. Im Gegensatz zu den Parkplätzen, die zwei Euro kosten, für die man dann wegen des beispiellosen Andrangs eine Abstellmöglichkeit auf der Ersatzreservefläche des Ausweichareals zugewiesen bekommt. Nassgeregnet und zweimal fast überfahren kann man sich dann nach einem einsehenden Spaziergang durch die Blechlawinen ins Einkaufsgetümmel stürzen.
Nun handelt es sich ja in Roermond um ein Designer-Outlet-Center, was bedeutet, dass es hier theoretisch hochwertige Mode zu kleinen Preisen gibt Die kleinen Preise hatten bei meinem Besuch allerdings offensichtlich Urlaub und waren gemeinsam mit der hochwertigen Mode auf Reisen gegangen. Zurück blieben Klamotten, um die jeder normal denkende Mensch eigentlich einen großen Bogen gemacht hätte.
Wenn irgendwo Outlet dran steht, denken Menschen aber nicht mehr normal. Deshalb interessieren sie sich plötzlich für Hosen, bei denen ein Bein doppelt so lang ist wie das andere. Oder für Blusen mit Löchern drin, die nicht absichtlich von Armani, sondern versehentlich von einem armen Pakistani da reingemacht worden sind. Diese kröpeligen Buxen und verfärbten Hemdchen nennt man „B-Ware". Wer lieber „A-Ware" will, kriegt die im Outlet ebenfalls - und die kostet dann kaum mehr als im Ausverkauf in Wuppertal. Dafür sind die Läden in Roermond aber auch nicht so großzügig wie bei uns. Calvin Klein hat da beispielsweise ein perfekt zum Namen passendes Unterwäsche-Geschäft, in dem auf 30 Quadratmetern durchschnittlich 100 Menschen gleichzeitig Schlüpfer aus den Verpackungen pulen, sich selbige an die Fott halten, das Material mit den noch von der großen Portion Pommes Spezial kontaminierten Fingern prüfen und die Teile dann doch lieber wieder zurück in die Box knuffeln.
Eine Tür weiterkam es zu einer Krise, als meine Gattin in einem Schuhgeschäft mit den Bemaßungen unserer Gästetoilette einen Stiefel anprobieren wollte und dabei von einer Busladung wild gewordener Landtauen aus Hönnepel-Niedermörmter einfach umgeworfen wurde. Die Stiefel wären aber sowieso nicht in Frage gekommen, weil der linke eine halbe Nummer kleiner war als der rechte. Noch mehr Gedränge herrscht vor den Umkleidekabinen: Auf etwa 10.000 Besucher kommt im Schnitt ein Kabäuschen, das - bis auf Kleiderhaken, vernünftige Beleuchtung, ausreichend Platz und einen adäquaten Sichtschutz - jeden aus dem normalen Handel bekannten Komfort und gelegentlich sogar einen Spiegel bietet. Wer etwas anprobieren will, stellt sich am Besten morgens an, kann dann nachmittags meistens schon rein und sollte sicherheitshalber nie wieder raus gehen, sondern Angehörige losschicken, um weitere Teile ranzuschaffen, weil natürlich sowieso nichts richtig passt und fachkundige Bedienungen zusammen mit den kleinen Preisen! und der hochwertigen Mode verreist sein müssen...
Test-Fazit: Wenn Sie schon immer mal sehen wollten, wie sich Dick & Doof um den Ausschuss von Dolce & Gabbana prügeln, können Sie künftig auch nach Remscheid fahren. Und würden anschließend wahrscheinlich sogar freiwillig Eintritt für die Wuppertaler Innenstädte bezahlen, weil man da so schön einkaufen kann...Bis die Tage! (Nachdruck aus der Wuppertaler Rundschau vom 6. November mit freundlicher Genehmigung des Autors. Roderich Trapp ist stellvertretender Redaktionsleiter der Wuppertaler Rundschau)