Ecostra, Unternehmensberatung im Bereich der gewerblichen Immobilienentwicklung, Wiesbaden
Dr. Joachim Will
19. September 2011*
Auswirkungsanalyse (Ersteinschätzung) zur möglichen Realisierung
eines Designer Outlet Centers in der kreisfreien Stadt Remscheid
Zwischen den Stadtbezirken Lennep und Lüttringhausen plant die Stadt Remscheid die Entwicklung des Gewerbegebietes „Blume“, welches in unmittelbarer Nähe der Autobahn A1 lokalisiert sein soll und über einen eigenen Autobahnanschluss verfügen würde. Für ein großflächiges Areal innerhalb des projektierten Gewerbegebietes bestehen auf Seiten der McArthurGlen Group – einem europaweit führendem Entwickler und Betreiber von Factory Outlet Center – Pläne ein Designer Outlet Center (DOC) zu realisieren. Genaue Projektdaten und -konzeptionen sind derzeit noch nicht bekannt; derzeit ist jedoch davon auszugehen, dass das Vorhaben im Stil eines Outlet Village mit einer Verkaufsflächendimensionierung von ca. 15.000 – 20.000 m² realisiert wird. Die Sortimentsstruktur wird in ihrer Zusammensetzung vergleichbar zu jener von bereits in Deutschland in Betrieb befindlichen DOC (z.B. Berlin, Wertheim, Ingolstadt, Zweibrücken, Wolfsburg) sein. (…) Bei dem Planareal handelt es sich um eine großdimensionierte, unebene Fläche, die sich in Richtung Südwesten leicht absenkt, wobei sich zwischen der Autobahn im Osten bzw. Südosten und dem westlichen Teil des Grundstücks eine Mulde bzw. ein leichtes Tal ausbildet. (…)
Als Grundlage für die anstehenden Entscheidungen in Zusammenhang mit dem erforderlichen Genehmigungsverfahren wurde ecostra im August 2011 mit der Erstellung einer Ersteinschätzung eine Auswirkungsanalyse für das geplante DOC beauftragt. Diese Ersteinschätzung hat gegenüber einer detaillierten raumordnerisch und städte- baulich orientierten Auswirkungsanalyse einen begrenzten Leistungsumfang. So wurden insbesondere keine aktuellen Vor-Ort-Erhebungen des relevanten Einzelhandels im regionalen Umfeld durchgeführt, stattdessen erfolgte für die Bearbeitung der vor- liegenden Untersuchung hier im Wesentlichen eine Auswertung vorliegender Einzelhandelskonzepte der Städte und Gemeinden im Untersuchungsraum. (…)
Im Fokus der Analyse steht hierbei das FOC-relevante Angebot der jeweiligen Stadt. Aufgrund unterschiedlicher und – in den einzelnen Gutachten – teilweise nur stark aggregiert dargestellten bzw. auch fehlenden Ausgangsdaten für die projektrelevanten Sortimente wird auf eine Untersuchung der zentralen Versorgungsbereiche der jeweiligen Städte in der vorliegenden Analyse verzichtet. Dies wäre Gegenstand einer detaillierteren noch zu erstellenden Auswirkungsanalyse auf Basis von Vor-Ort-Erhebungen und aktuellen Bestandsdaten. Die maßgeblichen Wettbewerbsstandorte und relevanten Einkaufslagen in den umliegenden Städten und Gemeinden wurden darüber hinaus im Rahmen einer qualifizier Aus städtebaulicher Sicht handelt es sich um einen nichtintegrierten dezentralen Standort angrenzend an den – durch aufgelockerte Einzelhausbebauung geprägten – Siedlungsrand des Stadtbezirks Lüttringhausen. Bei dem Planstandort handelt es sich um ein derzeit landwirtschaftlich genutztes Areal außerhalb des im Regionalen Einzelhandelskonzept für das Bergische Städtedreieck als zentralen Versorgungsbereich des Stadtbezirks Lüttringhausen ausgewiesenen Siedlungskerns. Aufgrund der Lage unmittelbar an der Autobahn A1, weist der Standort eine hohe Autokundenorientierung auf. Aus raumordnerischer Sicht ist festzustellen, dass die vorgesehene Realisierung des Designer Outlet Centers nach noch bis vor kurzem geltender Rechtslage nicht im Einklang mit den zentralörtlichen Funktionen der Stadt Remscheid stand. (…)
Nach § 24a LEPro dürfen Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel nur in zentralen Versorgungsbereichen ausgewiesen werden, die durch die Gemeinden selbst festzulegen sind. Sofern es sich um großflächige Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Sortimenten handelt, dürfen diese nur in Haupt- oder Nebenzentren liegen, die sich durch bestimmte Gegebenheiten auszeichnen. Das Beeinträchtigungsverbot schreibt vor, dass ein Vorhaben weder die Funktionsfähigkeit zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in benachbarten Gemeinden, noch die wohnungsnahe Versorgung der Bevölkerung in ihrem Einzugsbereich beeinträchtigen darf. Darüber hinaus wird im LEPro NRW konkret Bezug auf Hersteller-Direktverkaufszentren genommen, die bei einer Verkaufsfläche von mehr als 5.000 m² nur in Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnern ausgewiesen werden dürfen. Damit definiert das LEPro die Mindestgröße der Ansiedlungsgemeinde. (…)
Aus raumordnerischer Sicht ist festzustellen, dass die vorgesehene Realisierung des Designer Outlet Centers nach der noch bis vor kurzem geltenden Rechtslage nicht im Einklang mit den zentralörtlichen Funktionen der Stadt Remscheid stand. (…) Im Hinblick auf die gängige Rechtsprechung ist von Bedeutung, dass eine rechtliche Überprüfung der landesplanerischen Zielvorgaben des § 24a LEPro durch den Verfassungsgerichtshof NRW (Urteil vom 26.08.2009 VerfGH 18/089) zu dem Ergebnis gekommen ist, dass diese das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden verletzen und nicht mehr als Ziele der Raumordnung gelten (Urteil vom 30.09.2009 OVG NRW – 10 A 1676/08), sondern als sonstige Rechtsvorschrift weiterhin „Grundsatz oder Erfordernis der Raumordnung“ darstellen, die von den Gemeinden im Rahmen der bauleitplanerischen Abwägung zu berücksichtigen sind. Zurzeit wird von der Landesregierung NRW eine Novellierung der landesplanerischen Zielvorgaben erarbeitet. (…)
Aus städtebaulicher Sicht handelt es sich um einen nichtintegrierten dezentralen Standort angrenzend an den – durch aufgelockerte Einzelhausbebauung geprägten – Siedlungsrand des Stadtbezirks Lüttringhausen. Bei dem Planstandort handelt es sich um ein derzeit landwirtschaftlich genutztes Areal außerhalb des im Regionalen Einzelhandelskonzept für das Bergische Städtedreieck als zentralen Versorgungsbereich des Stadtbezirks Lüttringhausen ausgewiesenen Siedlungskerns.(…)
Im Zuge der Standortbewertung konnte aus betrieblicher Sicht festgestellt werden, dass der Planstandort in Remscheid-Lüttringhausen sehr gut für die Ansiedlung eines Outlet Centers geeignet ist. Ausschlaggebend hierfür ist neben der günstigen verkehrlichen Erreichbarkeit über die Autobahn A1, die eine vergleichsweise hohe Verkehrsfrequenz zeigt, insbesondere die Möglichkeit ein weiträumiges Einzugsgebiet mit sehr hohen Bevölkerungs- und Kaufkraftpotentialen anzusprechen. Darüber hinaus erlaubt der Standort auch die Ansprache von Pendler- und Touristenströmen auf der A1. Als limitierende Faktoren ist auf die mangelnde bzw. stark eingeschränkte Einsehbarkeit von der Autobahn A1 sowie die hügelige Topographie des Planareals, welche eine ebenerdige Ausführung des Projektes erschwert hinzuweisen. Hinzu kommen die bereits etablierten FOC-Standorte in den Niederlanden und Belgien, deren räumliche Ausstrahlung das Einzugsgebiet des Planobjekts überlagert. (...)
Das durchschnittliche Verkehrsaufkommen pro Tag, welches durch die Ansiedlung des Outlet Centers am Planstandort induziert wird beträgt ca. 6.080 PKW-Frequenzen in der Summe der Zu- und Abfahrten. (…) Über die geplante mikrostandörtliche Erschließung und die künftige Zufahrt zum Planareal liegen bisher keine Informationen vor. Mit Blick auf die bisherige Verkehrsführung ist jedoch darauf hinzuweisen, dass aufgrund der ampelgeregelten Zufahrt zur Lüttringhauser Straße und der nur kurzen Distanz zum Planareal – bei einem für ein FOC üblichen Verkehrsaufkommen – ggf. ein Rückstau auf die Autobahn nicht ausgeschlossen werden kann. Diese Thematik gilt es in einem separaten Verkehrsgutachten zu klären. (…)
In der Bewertung des Untersuchungsobjektes ist … zu berücksichtigen, dass es sich Bei einem Outlet Center sich um keinen typischen Standort der Bedarfsdeckung im Einzelhandel handelt, da aufgrund der üblicherweise weder breiten noch tiefen Sortimente und einer häufig eingeschränkten Warenverfügbarkeit eine gezielte Bedarfsdeckung kaum möglich ist. Vielmehr ist das Einkaufsverhalten von Aspekten des Einkaufstourismus und der Schnäppchenjagd gekennzeichnet. (…) Eine Gefährdung der verbrauchernahen Versorgung im Sinne eines Ausdünnens von Nahversorgungsstandorten der kurzfristigen Bedarfsdeckung kann durch das geplante DOC in Remscheid somit ausgeschlossen werden. (…)
Die … Analysen und Berechnungen zeigen, dass durch die Realisierung des Vorhabens lediglich für die Stadt Remscheid und hier im Segment Schuhe & Lederwaren, die Gefahr negativer städtebaulicher Auswirkungen besteht. Für alle anderen untersuchten zentralen Orte kann auf Basis der ermittelten Auswirkungen des Planobjektes in Rem- scheid eine nachhaltige Schwächung der Angebotsattraktivität, des Branchenmixes und der Versorgungsleistung des Einzelhandels weitestgehend ausgeschlossen werden. Allerdings ist auch davon auszugehen, dass – wie Erfahrungen bei in Be trieb befindlichen FOC-Standorten belegen – v.a. die Standortgemeinde von Kundenzuführeffekten durch ein solches Outlet Center profitieren wird. Da die Marktwirkungen des geplanten DOC bei einer Verkaufsfläche von ca. 15.000 m² geringer ausfallen als bei einer Größe von 20.000 m², kann diese kleinere Projektvariante dementsprechend auch als eher unproblematisch eingestuft werden. Da die Marktwirkungen eines Einzelhandelsobjektes auch mit zunehmender Distanz üblicherweise in ihrer Intensität nachlassen, werden auch Zentren außerhalb des untersuchten Naheinzugsgebiets (z.B. Düsseldorf, Köln, Dortmund etc.) nicht im kritischen Maß negativ beeinflusst sein. (...)
Stärken / Schwächen:
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Der Standort ermöglicht die Ansprache eines weiträumigen Einzugsgebietes mit sehr hohen Bevölkerungs- und Kaufkraftpotentialen
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Keine bzw. nur stark eingeschränkte Einsehbarkeit des Standortes von der Autobahn A1
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Sehr gute verkehrliche Erreichbarkeit aus einem großräumigen Umfeld durch Lage unmittelbar an der BAB A1 und der Anschlussstelle „Remscheid-Lennep“
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Hügelige Topographie erschwert eine ebenerdige Ausführung des Projektes
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Hohe Verkehrsfrequenz auf der Autobahn A1, die eine wichtige Nord-Süd-Achse darstellt und auf regionaler Ebenen die Ballungsräume Köln – Wuppertal / Solingen / Remscheid – Dortmund / Bochum verbindet
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Derzeitige mikrostandörtliche verkehrliche Erschließung ist nur bedingt geeignet, die im Zusammenhang mit einem FOC auftretenden Kundenverkehre zu bewältigen
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Abschöpfung von Pendler- und Touristen- strömen auf der A1 möglich
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Einzugsgebiet des Planobjektes wird z.T. durch Ausstrahlung der Outlet Center in Roermond und Maasmechelen überlagert, woraus ein durchaus intensiver Wettbewerb um die Kunden in den westlichen Teilbereiches des Einzugsgebiets resultiert
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Die Grundstücksgröße ermöglicht die Schaffung einer ausreichenden „kritischen Masse“ und bietet evtl. auch noch Platz für bauliche Erweiterungen
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Standortbereich ist noch nicht als Einzelhandelsdestination bekannt
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Räumlicher Abstand zu den Haupteinkaufslagen größerer Städte wie z.B. Köln und Düsseldorf mit hochwertigem Markenbesatz (sog. „Retail Sensitivity“)
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In der Vergangenheit negative Bevölkerungsentwicklung im Kerneinzugsgebiet, welche sich auch in Zukunft fortsetzen wird. (…)
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Touristische Vermarktbarkeit des Standortes aufgrund der Funktion der Region als Naherholungsgebiet für den Ballungsraum Köln - Düsseldorf
In einem Fazit aus betrieblicher Sicht ist festzustellen, dass der Planstandort in Remscheid-Lüttringhausen sehr gut für die Ansiedlung eines Outlet Centers geeignet ist. Ausschlaggebend hierfür ist neben der günstigen verkehrlichen Erreichbarkeit über die Autobahn A1, die eine vergleichsweise hohe Verkehrsfrequenz zeigt, insbesondere die Möglichkeit, ein weiträumiges Einzugsgebiet mit sehr hohen Bevölkerungs- und Kaufkraftpotentialen anzusprechen. Darüber hinaus erlaubt der Standort auch die Ansprache von Pendler- und Touristenströmen auf der A1. Weiterhin bietet das großdimensionierte Planareal gute Voraussetzungen zur Realisierung eines leistungsfähigen baulichen Konzeptes und die Schaffung einer ausreichenden „kritischen Masse“ des Centers. Aufgrund der Distanz zu den Haupteinkaufslagen größerer Städte mit einem hochwertigen Markenbesatz (z.B. Köln und Düsseldorf) bestehen für Markenhersteller keine bzw. nur geringe Konflikte mit der eigenen Vertriebsstruktur in der Region (sog. „Retail Sensitivity“). Als limitierende Faktoren ist auf die mangelnde bzw. stark eingeschränkte Einsehbarkeit von der Autobahn A1 sowie die hügelige Topographie des Planareals, welche eine ebenerdige Ausführung des Projektes erschwert hinzuweisen. Hinzu kommen die bereits etablierten FOC-Standorte in den Niederlanden und Belgien, deren räumliche Ausstrahlung das Einzugsgebiet des Planobjekts überlagert. (...)
* (Das 119 Seiten umfassende Gutachten wurde dem Waterbölles heute um 16.08 Uhr per E-Mail von Stadtplaner Hans Gerd Sonnenschein übermittelt. Das Verkehrsgutachten wird folgen. Sonnenschein: "Die Ersteinschätzung zur Verkehrsanbindung (Verkehrsstudie) werde ich noch nachreichen. Am Tag der angesetzten Verkehrszählung konnten durch einen Unfall auf der A 1 (Vollsperrung) verlässliche Daten nicht erhoben werden, so dass die Zählung an einem anderen Samstag wiederholt werden musste. Sie hat nun aber stattgefunden.")