An der katholischen Pfarrkirche St. Suitbertus am Markt nagte der Zahn der Zeit. Zunächst unbemerkt. Vor vier Jahren zeigten sich dann innen im Mauerwerk erste Feuchtigkeitsflecke. Da war dann der Handlungsbedarf klar: Im Dezember 2008 wurde der Kirchturm eingerüstet. Nur so konnte das Ausmaß der Schäden ermittelt werden. Aus der damaligen Bestandsaufnahme ergaben sich umfangreiche Sanierungsarbeiten. So mussten etwa am Kirchturm der Fugenmörtel herausgefräst und erneuert werden. Denn bei früheren Instandsetzungsarbeiten war der brüchig und wasserdurchlässig gewordene Mörtel durch Silicon ersetzt worden, und danach hatten die Handwerker die Fugen neu verputzt. Ein Verfahren, das damals „state of the Art“ gewesen sein mag, das sich aber inzwischen aus völlig falsch herausgestellt hat. „Der Mörtel brach aus, und das Silicon löste sich von den Steinen“, erinnert sich Karola Abrahams, die Vorsitzende des vom Kirchenvorstand eingerichteten Bauausschuss. Gemeinsam mit dem Düsseldorfer Architekten Wolfgang Brechbühl und weiteren am Verfahren Beteiligten, darunter Dr. Angela Koch von der Unteren Denkmalbehörde der Stadt Remscheid, wird sie sich heute in luftiger Höhe ein Bild davon machen, ob alle in Auftrag gegebenen Arbeiten ordnungsgemäß ausgeführt worden sind. „Wenn alles okay ist, soll in der nächsten Woche das Gerüst abgebaut werden“, berichtete Karola Abrahams dem Waterbölles. Doch damit sind die Sanierungsarbeiten noch immer nicht abgeschlossen: In nächster Zeit werden sich Dachdecker um das Dach des Kirchenschiffes kümmern, das im vergangenen Jahr unter den Schneemassen gelitten hat, die von der Feuerwehr hatten beseitigt werden müssen.
Was der Betrachter von unten gar nicht erkennen kann: An den Außenmauern des Kirchturms gab es seit Sommer 2010 – damals waren die Arbeiten mit der Denkmalschutzbehörde abgestimmt worden („Erlaubnisverfahren“) – für diverse Handwerker viel zu tun. Lockere Ziegel und Natursteine mussten neu eingesetzt und schadhafte erneuert werden. Dr. Angela Koch: „Bei einem Denkmal wie der Suitbertus-Kirche kommt es auf eine materialidentische Sanierung an!“ Das erforderte mehrfach Ortsbegehungen, zum Beispiel zur Bemusterung neuer Ziegel nach Größe und Farbe. Auch mussten brüchige Natursteine exakt nachgebaut werden. Erneuert wurden auch die Schall-Luken, der Taubenschutz und einige Gläser in der Fensterrosette. Und die Gesimse erhielten Bleiabdeckungen. Für die Katholische Pfarrgemeinde allein wäre die Sanierung nicht zu bezahlen gewesen. Zum Glück übernahm das Kölner Erzbistum den Großteil der Kosten.
Hans Jürgen Roth, dem im Jahre 2008 mit „Geschichte unserer Stadt“ ein fesselnder Buch über Remscheid gelang, kennt sich auch in der Remscheider Kirchengeschichte bestens aus. Nachdem er sich durch wahre Aktenberge gewühlt hatte, katalogerierte er seine Funsstücke nach Oberbegriffen. Die Frage nach Daten aus der Geschichte der Suitbertus-Kirche war daher schnell beantwortet: Das Kirchendach wurde demnach 1951, 1965, 1968, 1979 und 1985 ausgebessert, 1979 auch das Mauerwerk. In den Jahren 1967 und 1970 wurden Fenster saniert. 1974 folgte eine Instandsetzung der Kirchturms und der Blitzschutzanlage (zum zweiten Mal 1998), 1975 die der Kirchturmspitze mit dem Wetterhahn (kl. Foto links unten). 1967/77 wurde eine weitere Instandsetzung des Turmes und der Kirche notwendig. 1979, 1985, 1990, 1992 und 1992 mussten Sturmschäden repariert werden (abgeflogener Abfallrohre, beschädigte Schieferplatten, Dachrinnen und Schneefanggitter). Hans Jürgen Roth: „Man sieht: in exponierter Lage der bergischen Witterung ausgesetzt, ist der Turm ein hochgradig anfälliges Objekt. Allein all die Sturmschäden)!“
In den 1970/80er Jahren sei ein Fugenputz der letzte Schrei gewesen, so Roth, „der zwar von außen weitgehend wasserdicht war, doch der auch Feuchtigkeit von innen nicht mehr herausließ. Da konnte der Frost zum wahren Sprengmeister werden, und der Mörtel platzte wieder heraus.“ Beim Aachener Dom habe der dortige Dombaumeister Maintz das gleiche Problem mit dem Putz gehabt. Er habe sich dann auf eine Mörtelform besonnen, die schon die Baumeister des alten Rom benutzt hätten.
Die St. Suitbertus-Kirche ist übrigens eines von insgesamt 660 Baudenkmälern in Remscheid. Dazu gehören auch der Wasserturm Hochstraße, die Rathäuser in der Innenstadt und in Lüttringhausen, der Steffenshammer im Gelpetal, die Statue „Genius des Lichtes“ am Thüringsberg, die Panzertalsperre, das Röntgen-Gymnasium in Lennep und die Kindertageseinrichtung „Villa Kunterbunt“ in Hasten. (Fotos: Hans Jürgen Roth)