Ausgaben für Expo REAL erreichen 2008 die halbe Million €
Stadtdirektor Jürgen Müller ist immer gut für eine ironische Bemerkung. So auch am Donnerstag in der Sitzung des Hauptausschusses. „Die Diskussion unterscheidet sich nicht von der im vorigen Jahr. Einzige Ausnahme: Die Argumente, die damals von den einen kamen, kommen heute von den anderen!“ Damit war die Diskussion um den „Bergischen Stand“ auf der Münchner Immobilienmesse Expo REAL gemeint. Im März vorigen Jahres war die Sinnhaftigkeit der Beteiligung Remscheid an dieser Messe insbesondere von Hans Peter Meinecke (SPD) bezweifelt worden. „Ein wenig ratlos, aber im Interesse der Zusammenarbeit der bergischen Großstädte“ stimmte die SPD damals zu, forderte aber im Anschluss an die Messe eine „vernünftige Abrechnung“. Dieser Aufforderung kam die Verwaltung – wenig zeitnah - gestern nach. Und erntete damit insbesondere bei der CDU Kritik, während sich der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende York Edelhoff an die Spitze der Befürworter der städtischen Messe-Ausgaben stellte. Die summieren sich bei bisher sechs Messeauftritten, wie der W.I.R.-Fraktionsvorsitzende Wieland Gühne ausgerechnet hatte, auf 450.000 €. Und für den siebten vom 6. bis 8. Oktober 2008 werden voraussichtlich knapp 60.000 € hinzukommen. Denn auch diesmal fand sich eine Mehrheit für die Expo REAL. Nur W.I.R. und Grüne stimmten dagegen.
„Was haben die Messeauftritte der Stadt Remscheid denn unter dem Strich gebracht?“ fragte Dr. Heinz-Dieter Rohweck (CDU) an und vermisste eine echte Kosten-Nutzen-Rechnung. Und sein Fraktionskollege Hilmar Somborn nannte den Abschlussbericht der Verwaltung zur Messe 2007 „reichlich dünn“. So hätte er darin gerne erfahren, wie erfolgreich der Gemeinschaftsstand für Wuppertal und Solingen gewesen sei. Eine umfangreichere Vorlage wünschte sich Fritz-Sönke Ruddigkeit von den Grünen und schlug (vergeblich) vor, bis dahin den Beschluss über den Messestand 2008 bis zur nächsten Sitzung des Hauptausschusses zu vertagen. Ruddigkeit: „Ein bisschen konkreter sollte es schon sein!“
Auf der Expo REAL 2007 habe die Stadt Remscheid auf dem 121 Quadratmeter großen Gemeinschaftsstand in Halle B1 folgende Bereiche beworben: Wohnpark Knusthöhe, Mischgebietsfläche an der B B1/BAB A1 (ehemalige Straßenmeisterei), Gewerbegebiet Blume, Gewerbegebiet am Bahnhof Lennep, Gewerbegebiet Überfeld, Mischgebietsfläche am Hauptbahnhof/Baufeld 6, Freizeitanlage in Vieringhausen/Morsbach, innenstadtnahe Gewerbeflächen (Reaktivierung), Wohnungsentwicklung an der B 229 in Remscheid sowie Mischgebietsflächen an der Oberhützer Straße. Dabei sei erstmals auch das 64-seitige Porträt des Wirtschaftsstandorts Remscheid präsentiert und „von den Gesprächspartnern durchweg positiv aufgenommen worden“.
Weiter heißt es in dem Bericht von Karin Schellenberg von der städtischen Wirtschaftsförderung: „Während der Messe wurden alle wichtigen Gesprächskontakte (Anm.: 40 an der Zahl) in ein automatisches Erfassungssystem eingegeben, um die Nachbereitung und Pflege der Kontakte zu systematisieren und zu erleichtern. (…) Anfang November 2007 wurde an alle wichtigen Gesprächspartner ein Reminder versandt. (…) Zum geplanten Wohngebiet Knusthöhe haben im Nachgang zur Messe Gespräche mit zwei Investoren in Remscheid stattgefunden. Mit einer internatonalen Investorengruppe, welche großes Interesse an der Errichtung einer Freizeitanlage im Bereich Vieringhausen/Morsbach (Deponieareal) hat, wurde ein Ortstermin durchgeführt.“ Aber: „Bislang wurden keine Vertragsabschlüsse getätigt.“ Und: „Für die Flächen im Bereich der innenstadtnahen Gewerbeflächenreaktivierung (Stadtumbau West), konnten in München keine Interessenten gewonnen werden.“ Die gute Nachricht: Durch Sponsoren sei es gelungen, die Messeausgaben 2007 für die Stadt Remscheid um 3828 € auf 47.655 € zu verringern.
Für die Beteiligung am Gemeinschaftsstand 2008 sind „und unter Berücksichtigung zu erwartender Preissteigerungen“ 59.850 € veranschlagt. Allerdings hofft Karin Schellenberg auch diesmal wieder auf Sponsoren. Über eine „intensive Akquise soll versucht werden, weitere Remscheider Unternehmen als Standpartner oder für ein Sponsoring des Messestandes zu gewinnen.“ Dafür wurden drei Leistungspakete für 10.000, 5.000 und 2.000 € entwickelt.
Die erneute Teilnahme Remscheids an der Expo REAL – 2006 hatte es geheißen, das sei das letzte Mal – begründete die Verwaltung gestern (wie im vorigen Jahr) damit, dass Solingen und Wuppertal sich bereits für einen Gemeinschaftsstand entschieden hätten und auf eine Beteiligung der Stadt Remscheid unter der etablierten Dachmarke „Kompetenzhoch3" hofften. Die gemeinsame Präsentation der Wirtschaftsregion sei fester Bestandteil der regionalen Entwicklungsstrategie.
York Edelhoff (SPD) knüpfte hier an, indem er auf den „langfristigen Image-Faktor“ hinwies; hier könne man nicht allein in Zahlen rechnen. Sein Fraktionskollege Lothar Krebs unterstützte ihn darin: „Die drei Großstädte werden gemeinsam leben oder sterben!“ Und auch der FDP-Fraktionsvorsitzende Wolf Lüttringer betonte, zu einem gemeinsamen Messestand gebe es „keine Alternative; wir können uns da nicht ausblenden!“
Dagegen hielt Wieland Gühne (W.I.R.). Zum einen mit Kritik an der Verwaltungsvorlage („Die ist dünn, da hätte ich angesichts der Absicht, wieder an der Messe teilzunehmen, mehr Mühe erwartet!“), und zum anderen mit Kritik an dem „unverändert gebliebenen Konzept“. Stichwort „Gewerbegebiet Blume“. Wieland Gühne: „Da hat die Stadt in diesem Jahr gar nichts Konkretes anzubieten. Bleiben also nur ein paar Restflächen im Angebot!“ Hückeswagen und Wermelskirchen kämen schließlich auch ohne Expo REAL zu neuen Gewerbeansiedlungen, wandte Gühne weiter ein. Und weil sich die Verwaltung mit Hinweis auf Planungskosten beim Vorschlag des Stadtsportbundes („Sportstadt Remscheid“) so schwer tue, sage die W.I.R.-Fraktion auch diesmal wieder Nein zu den vierstelligen Ausgaben für einen Messestand.
Lothar Krebs (SPD) empfand das als „kleinkarierte Diskussion“. Und Stadtdirektor Jürgen Müller wandte ein, die Stadt könne es sich nicht leisten, in München nicht vertreten zu sein. Karin Schellenberg ergänzend: „Der Kontakt zum Bahnhofsinvestor HBB ist auf der Expo REAL zustande gekommen. Allein dieser Kontakt dürfte die Gesamtausgaben rechtfertigen!“ Da fragte sich Phillip Veit (CDU) allerdings, warum dieser Hinweis im schriftlichen Bericht fehle. Und Bernd Quinting bemerkte, bevor er wie die übrigen CDU-Mitglieder der Teilnahme Remscheids an der Expo Real 2008 zustimmte: „Irgendwann muss man wirklich mal ein Fazit ziehen!“
Waterbölles-Kurzkommentar: Der Satz, im vorigen Jahr schon einmal von der SPD-Fraktion gehört, könnte in den nächsten Jahren zum „runnig gag“ werden.
Kommentare
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Peter Maar am :
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Michael Dickel am :
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