Blockade gegen Betriebsräte-Stärkungsgesetz aufgeben
Pressemitteilung der DGB-Stadtverbände Wuppertal, Remscheid, Solingen
Offener Brief an den CDU-Bundestagsabgeordneten Jürgen Hardt
Sehr geehrter Herr Bundestagsabgeordneter Hardt,
die ursprünglich für den 10. Februar geplante Beratung des Betriebsrätestärkungsgesetzes wurde aufgrund der kategorischen Ablehnung seitens Ihrer Partei, der CDU (CSU), wieder von der Tagesordnung des Kabinetts genommen. Einer der zentralen Punkte des Betriebsrätestärkungsgesetzes ist die Absicherung eines demokratischen Grundrechts, nämlich der Wahlfreiheit oder genauer: der Freiheit, ohne Eingriff durch einen Dritten, insbesondere den Arbeitgeber, einen Betriebsrat wählen zu können. Und diese Absicherung ist leider absolut notwendig.
Aktuelle Studien der Hans-Böckler- Stiftung zeigen, dass jede sechste Wahl in Betrieben, die noch keine Interessenvertretung hatten, mit illegalen Mitteln behindert wird. Diese Behinderung verstärkt den ohnehin negativen Trend bei Betriebsräten. 2019 waren laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit nur noch 41 Prozent der westdeutschen und 36 Prozent der ostdeutschen Beschäftigten in Betrieben mit Betriebsrat tätig.
Wahlinitiatoren sind bei Betriebsratsgründungen besonders gefährdet. Häufig greifen Arbeitgeber, die keinen Betriebsrat wollen, zum Instrument der Kündigung und wehren Neugründungen bereits im Ansatz ab. Oft reicht schon die Einschüchterung der Belegschaften. Es ist ein Skandal, dass Beschäftigte, die vom Recht einer Betriebsratsgründung Gebrauch machen, Angst haben müssen, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Deshalb bedarf es des besonderen Schutzes derjenigen, die ganz am Beginn einer Betriebsratsgründung aktiv werden. Mit der Nicht-Umsetzung des Betriebsrätestärkungsgesetzes wird diesen Menschen der notwendige Schutz verwehrt.
Umso unverständlicher ist es, dass gerade eine Partei, zu deren Selbstverständnis das Bekenntnis zu einer freiheitlichen und rechtsstaatlichen Demokratie gehört, diese geplante Stärkung von Grundrechten zu verhindern sucht. Damit wird nicht eine Stärkung, sondern eine Schwächung einer der grundlegenden Säulen unserer sozialen Marktwirtschaft, der betrieblichen Mitbestimmung, betrieben.
Gerade in der Anfangszeit der Pandemie wurde die Wichtigkeit einer funktionierenden sozialpartnerschaftlichen Gestaltung von Arbeit besonders deutlich. Sie hat uns gleichzeitig aber auch bestätigt, wie gut und wertvoll unser Modell der Mitbestimmung funktioniert, mit welcher Flexibilität und Konstruktivität gute Vereinbarungen quasi aus dem Boden gestampft und in den Betrieben umgesetzt wurden. Mit Betriebs- und Personalräten wurden die Betriebe und Dienststellen zu sichereren Arbeitsorten. Wir brauchen nicht weniger, sondern deutlich mehr Mitbestimmung! Das gilt aktuell in der schwierigen Phase der Pandemie, aber natürlich auch dauerhaft für die Zukunft. Insbesondere bei Fragen zur Weiterbildung, bei der Anwendung künstlicher Intelligenz und bei mobiler Arbeit ist mehr Mitbestimmung notwendig. Darüber hinaus ist ein digitales Zugangsrecht für Gewerkschaften sicherzustellen.
Nur mit dieser Möglichkeit des Zugangs in die Unternehmen und zu den Beschäftigten sind wir in der Lage, die durch die Koalitionsfreiheit garantierten Aufgaben uneingeschränkt wahrnehmen zu können. Wir bitten Sie, setzen Sie sich gemeinsam mit uns dafür ein diese wichtigen Mitbestimmungsthemen im Betriebsräte-Stärkungsgesetz umzusetzen.
Mit vielen Grüßen und einem herzlichen Glückauf
Guido Grüning, Peter Lange und Peter Horn sowie die DGB-Regionsgeschäftsführerin gez. Sigrid Wolf.
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