Fadenscheinige Argumente für Geheimniskrämerei der Stadt
Waterbölles-Kommentar
Dass der Heimatbund Lüttringhausen e.V. der Stadt Remscheid vorwirft, der Presse (und damit der Öffentlichkeit) im Rahmen von Bauleitplanungen nicht nur Eingaben von Bürgern, sondern auch Stellungnahmen von Behörden vorzuenthalten, hatte der Waterbölles am 15. Februar berichtet. Im städtischen Umweltausschuss fragte heute Stephan Jasper von den Grünen Stadtdirektor Jürgen Müller, wie die Verwaltung dies begründe. Die Antwort: Bürger hätten sich bei der Landesdatenschutzbeauftragten darüber beschwert, dass ihre Namen unter einer Eingabe (im Zusammenhang mit der Aufstellung eines Bebauungsplans in Lennep) in den für die Presse bestimmten Exemplaren nicht geschwärzt worden und so in die Öffentlichkeit gelangt seien. Dafür habe die Landesdatenschutzbeauftragte die Stadt gerüffelt. Das ist noch nachvollziehbar. Doch Müller geht einen Schritt weiter – und, wie ich finde, einen entscheidenden Schritt zu weit:
Im Umweltausschuss setzte er Schriftsätze von Behörden mit denen von Bürgern gleich: „Auch diese Briefe enthalten Namen, Anschriften und Telefonnummern.“ Zur Unterstützung seiner Argumentation verwies der Stadtdirektor auf die Antwort der Landesregierung zur Kleinen Anfrage (Nr. 569 vom 23.2.2006) eines SPD-Landtagsabgeordneten. Darin heißt es, Verwaltungsvorlagen mit personenbezogenen Daten von Bürgern, die sich mit Anregungen und Beschwerden an die Verwaltung oder die Politik gewandt haben und die in öffentlichen Sitzungen behandelt werden, dürften der Öffentlichkeit in Papierform nicht zur Verfügung gestellt werden. Es sei denn, sämtliche Daten, aus denen der Bürger erkennbar werde, würden zuvor geschwärzt.
Unklar bleibt für mich, wieso sich Müller dadurch in seiner Auffassung bestärkt sieht, auch Behördenstellungnahmen nur noch an die Politik weiterzugeben, ist doch in der Antwort der Landesregierung ausschließlich von Bürgereingaben die Rede, nicht aber von Schriftsätzen amtlicher Stellen. Vollends unverständlich wird der Standpunkt des Stadtdirektors aber, wenn man hört: „Wir können das nicht alles schwärzen, der Aufwand wäre zu groß."
Von einer umfassenden Information der Presse und damit der Öffentlichkeit, sprich: der Bürger/innen könnte dann keine Rede mehr sein. Die Journalisten erhalten künftig die Beschlussvorlagen der Verwaltung, eventuelle Gegenargumente interessierter Bürger oder anderer Behörden aber bleiben ihnen dann unbekannt? Unvorstellbar. Wie soll die Presse dann umfassend berichten können? Und was ist, wenn „geheime“ Argumente die Politik überzeugen und sie den Beschlussvorschlag der Verwaltung verändert? Dann beginnt in der Öffentlichkeit womöglich das große Rätselraten, was die Politik dazu wohl bewogen haben könnte. Es dürfte dann länger dauern, Beschlüsse von Ratsgremien den Bürgern – im Nachhinein – zu erklären (in Pressekonferenzen?), als Namen in Verwaltungsvorlagen vorsorglich vorab zu schwärzen.
Schon jetzt tagen im Remscheider Rathaus Ausschüsse des Rates nicht selten ohne einen einzigen Zuhörer – abgesehen von den Pressevertretern. Erhalten diese künftig die Sitzungsunterlagen handverlesen, könnten sie eigentlich auf eine Berichterstattung auch gleich verzichten. Daran kann nur ein Interesse haben, wer etwas zu verbergen hat und dies ohne Rücksicht auf demokratische Erfordernisse und auf den Informationsanspruch aller Bürger/innen (vergleiche Informationsfreiheitsgesetz) durchsetzen will. Da fragen wir doch mal auf diesem Wege die Fraktionsvorsitzenden der im Rat der Stadt vertretenen Parteien: Teilen Sie die veränderte Auffassung der Verwaltung vom Informationsanspruch der Öffentlichkeit? Sollten sich Rat und Verwaltung in dieser Frage einig sein, aus welchen Gründen auch immer, würde es spannend werden. Denn es ist kaum vorstellbar, dass die Lokalpresse dann zur Tagesordnung übergehen würde…
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