Vorläufig nur ein Etappensieg für die Blume-Gegner
Als die Mitglieder der Bezirksvertretung Lüttringhausen heute kurz nach 17.30 Uhr den Sitzungssaal des Lüttringhauser Rathauses betraten, fanden sie auf ihren Plätzen den „Lüttringhauser Anzeiger“ vom Tage zuvor. Aufmacher: Heute in der Bezirksvertretung – die Stunde der Wahrheit – kommt es zum Wortbruch?“ Und daneben die Konterfeis von Bezirksvorsteher Phillipp Veit (CDU), Waltraud Bodenstedt (W.I.R.) und Peter Otto Haarhaus (CDU) zur Frage „Halten Sie Ihr (Anm.: groß geschrieben) Wort oder beschließen Sie ein 270.000 qm großes Gewerbegebiet von der Autobahn bis zum Friedhof?“
Klar, da war wieder mal vom Gewerbegebiet „Blume“ die Rede. Veit hatte sich am 22. September 2004, vier Tage vor der Kommunalwahl, für eine „verträgliche Lösung“ eingesetzt, und Bodenstadt am gleichen Tage – konkreter – für eine Eingrenzung des Gewerbegebietes Richtung Lüttringhausen bis zum Verbindungsweg zwischen Lüttringhauser Straße und Buscherhof, ebenso wie Haarhaus, nachdem fortan diese Grenze die „Haarhaus-Linie“ genannt wurde.
Die vom Rat der Stadt beschlossene „kleine Lösung“ kam daran nicht heran. Das hinderten CDU, FDP und W.I.R. nicht daran, Ende April die Ausweitung des Gewerbegebietes von 140.000 auf 270.000 qm von der Verwaltung prüfen zu lassen und am 29. Mai trotz rechtlicher Bedenken von Oberbürgermeisterin Beate Wilding und Stadtkämmerer Jürgen Müller zu beschließen. Ohne umweltschonende Gestaltungsatzung, dafür mit einem 570 Meter langen, sechs bis sieben Meter hohen und 30 Meter breiten Erdwall (Kostenpunkt 1,25 Millionen Euro), der den Lüttringhauser Bürgern den Blick auf das Gewerbegebiet ersparen soll. So stand es in der 450-Seiten-Vorlage der Verwaltung zur heutigen Sitzung des Bezirksausschusses, die das Ziel hatte, dem vor zwei Jahren gefundenen Kompromiss endgültig zu beerdigen zu Gunsten der von der bürgerlichen Ratsmehrheit gewollten „großen Lösung“. Eine knappe Mehrheit der Bezirksvertretung (5:4) hatte ein ganz anderes Ziel: Die Expansionspläne von CDU, FDP und W.I.R. zu torpedieren. Und das gelang. Es blieb bleibt allerdings ein Etappenziel. Denn das letzte Wort hat der Rat der Stadt am 19. Juni.
Es war Peter Otto Haarhaus (CDU), der eingangs deutlich machte, dass die CDU kein Interesse habe, diesen Tagesordnungspunkt überhaupt zu diskutieren. Schließlich sei rechtlich ja noch völlig ungeklärt, ob die Ausweitung des einmal beschlossenen Gewerbegebietes so ohne weiteres überhaupt möglich sei. Dagegen wandten Ingrid Leukel (SPD) und Stephan Jasper (Grüne), Mitglieder der Bezirksvertretung, ein, die Bürger hätten ein Recht darauf zu erfahren, ob die Bezirksvertreter zu ihren früheren Aussagen stünden oder nicht. Und SPD-Ratsmitglied Luigi Costanzo stimmte ihnen zu: „Flagge zeigen!“
Und es war Gerd Langenohl (CDU), der in dieser Sitzung das „Zünglein an der Waage“ spielte – was Hilmar Somborn zwei Stunden später im Presseclub der Denkerschmette als „Betriebsunfall“ bezeichnete – und damit völlig falsch lag. Denn Langenohl, erklärter Verfechter des einmal gefundenen Kompromisses, war das „lange Rumgeeiere“ einfach leid und wollte weiterhin die „kleine Lösung“. Die und keine andere. Folglich war er gegen eine Vertagung, und stimmte gemeinsam mit SPD und Grünen dagegen. Folglich war er aber auch gegen die Aufhebung des vom Rat beschlossenen Bebauungsplans – und unterlag bei vier Enthaltungen von CDU und W.I.R. gegen vier Stimmen von SPD, Grünen, dem parteilosen Gunther Galli und Bezirksvorsteher Phillipp Veit (CDU) – eine ungewohnte Konstellation. SPD und Grünen für Aufhebung der Kompromiss-Lösung? Nur kurz kam unter den zahlreichen Zuschauern dieser Sitzung Unsicherheit auf. Denn nach einer Unterbrechung der Sitzung, um die die SPD gebeten hatte (wohl auch, um die Marschrichtung ein letztes Mal abzustimmen), war klar: Nur so konnte der nächste Punkt der Tagesordnung überhaupt erst aufgerufen werden, die beabsichtigte Ausweitung des Gewerbegebietes. Und siehe da: Mit vier Ja-Stimmen (von CDU und W.I.R.) und fünf Nein-Stimmen wurde diese knapp abgelehnt. Vier Nein-Stimmen kamen, niemand wunderte es, von SPD und Grünen sowie dem parteilosen BV-Mitglied Gunther Galli. Die fünfte Nein-Stimme gab Gerd Langenohl (CDU) ab, der, wie gesagt, für die „kleine Lösung“ war, „aber auch nicht mehr“. Ein „Betriebsunfall“ (Hilmar Somborn) war das keineswegs. Da war ein Kommunalpolitiker einmal seinem Standpunkt treu geblieben. Das würde ich mir häufiger wünschen.
Das Abstimmungsergebnis „Nein zur Blume“ stand damit fest – bezogen auf die Bezirksvertretung Lüttringhausen, dem Votum der Bürgermehrheit entsprechend. Was der Rat der Stadt daraus am 19. Juni machen wird, steht auf einem ganz anderen Blatt.
Kleiner Nachsatz: Die Anwesenheit von Heinz-Jürgen Heuser (SPD, "Blume-Gegner) und Gernot Mentrop (FDP, "Blume"-Befürworter) - beide fehlten - hätte am Abstimmungsergebnis nichts geändert.
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