Die Küche ist sicher, die Gruppenräume sind es nicht
Vom kommenden Schuljahr an sollen in Remscheid sieben weitere Schulen (bisher waren es 14) über den eigentlichen Schulunterricht hinaus eine sogenannte „Offene Ganztagsgrundschule“ (OGGS) anbieten – die Grundschulen Adolf-Clarenbach, Freiherr vom Stein, Walther-Hartmann und „Am Stadion“ sowie zwei Förderschulen (Pestalozzi und Karl-Kind) mit jeweils zwei OGGS-Gruppen, ferner die Grundschulen Hackenberg, Siepen und Menninghausen mit jeweils einer OGGS-Gruppe. Das erfordert in und an allen sieben Schulen bauliche Veränderungen sprich erhebliche Ausgaben aus dem laufenden städtischen Haushalt. Die (Um-)Bauaufträge – insgesamt 1,78 Millionen Euro, davon 434.000 Euro für den Schulbau und 1.346.000 Euro für die OGGS – werden bis zum Beginn des kommenden Schuljahres nur in den wenigsten Fällen komplett ausgeführt sein. Thomas Judt, der Leiter des städtischen Gebäudemanagements, rechnet daher in allen Schulen mit „Provisorien“, auf die sich Lehrer, Eltern und Kinder einstellen müssten. Martin Halbach, Rektor der GGS Adolf Clarenbach, hatte allerdings einen anderen Grund, in der gestrigen Sitzung der Bezirksvertretung Lüttringhausen im Namen des Lehrerkollegiums und der Elternpflegschaft Kritik zu äußern.
Weil die Stadt Remscheid sparen muss, war die Politik auf die Idee gekommen, das OGGS-Konzept der Adolf-Clarenbach-Schule „abzuspecken“. Norm ist: „Pro Gruppe ein Gruppenraum“. Für die OGGS an der Lüttringhauser Schule sind 54 Kinder gemeldet. Das hätte zwei multifunktionelle Gruppenräume bedeutet. Die aber sollte es nicht geben. Stattdessen sollten die OGGS-Kinder vormittags in den hinteren Teilen von zwei Klassenräumen beschäftigt werden, während vorne der Unterricht läuft. Für Lehrer wie Eltern eine „pädagogische Katastrophe“. Ihre Forderung: Der Mindeststandard müsse an allen Schulen eingehalten werden. Das sahen auch die Mitglieder der Bezirksvertretung so und sagten Unterstützung zu.
Angesichts von Gesamtkosten in Höhe von 1,78 Millionen Euro für den Schulbau und die OGGS und zugesagten Investitionsmittel des Bundes und Fördermittel des Landes in Höhe von insgesamt 880.000 Euro ergibt sich in diesem Jahr für die Stadt Remscheid eine Finanzlücke von 900.000 Euro. Sie soll aus zurückgelegten Landesmitteln für Schulbauten, der so genannten „Schulpauschale“, geschlossen werden. Zunächst hatte die Stadt gehofft, daraus „nur“ 434.000 Euro entnehmen zu müssen. Aber, so Thomas Judt, der Leiter des städtischen Gebäudemanagements, realistische Kostenschätzungen auf der Basis der Ausgaben für die bisher umgestalteten 14 Ganztagsgrundschulen hätten zur höheren Zahl geführt. Und für den Haushalt 2007 hat Judt weitere 434.000 Euro vorgemerkt - für eine grundlegende Instandsetzung der Grundschulen Honsberg (150.000 Euro) und Adolf-Clarenbach (370.000 Euro).
Die Adolf-Clarenbach-Grundschule war schon bei der abgespeckten Version der Ausgabeposten Nr. 1, wenn man die bisher für dieses Jahr dort veranschlagten 595.000 Euro betrachtet - 300.000 Euro für den Schulbau und 295.000 Euro für die beiden OGGS-Gruppen. Kommen nun die beiden geforderten Gruppenräume hinzu, müssten noch einmal 370.000 Euro aus der Schulpauschale entnommen werden. Die Entscheidung darüber fällt letztlich im Rat der Stadt. (Die Ausgaben für die Adolf-Clarenbach-Grundschule sind deshalb so hoch, weil dort ein marode gewordener Pavillon mit vier Klassenräumen gänzlich erneuert werden muss. Nach dem Willen der Bezirksvertretung nunmehr in L-Form, d.h. mit zwei OGGS-Räumen.)
Zum OGGS-Konzept gehört in jeder Schule eine voll ausgebaute Küche mit Fettabscheider, Kühlschränken, Herd, Backofen und industrieller Spülmaschine – und zwar unabhängig davon, ob diese Küche auch tatsächlich mit Beginn des neuen Schuljahres in Betrieb genommen wird oder nicht. Denn einige Vereine, die die Betreuungsarbeit in den Schulen übernehmen, verzichten auf einen eigenen Küchenbetrieb und setzen dafür auf einen „fahrbaren Mittagstisch“ durch Caterer. Das schreit auf den ersten Blick nach „Sparkommissar“ und „Bund der Steuerzahler“. Thomas Judt rät da zur Besonnenheit: „Nachrüsten funktioniert nicht, wäre viel zu teuer. Und wer weiß denn heute, ob in den Schulen nicht plötzlich der Kooperationspartner und damit auch das Essenskonzept wechselt; das ist schon vorgekommen.“ Und sollte eines Tages aus der OGGS ein echter Ganztagsschulbetrieb werden, ginge es ohnehin nicht ohne eigenen Küchenbetrieb. Judt: „Wir planen nicht nur bis morgen, sondern auch schon bis übermorgen!“
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