Zur Integration müssen alle bereit sein
Die 46jährige Sozialwissenschaftlerin Sevinc Brilling ist seit drei Jahren städtische Bezirkssozialarbeiterin im Stadtteil Honsberg (mit Büro im „Lindenhof“). Ihr Geburtsland Türkei verließ sie als Vierjährige. Seitdem scheint sich nicht nur dort, vorzugsweise in ländlichen Gegenden, am türkischen Familienleben wenig geändert zu haben, sondern auch in den türkischen Migrantenfamilien in Deutschland, von denen viele aus ostanatolischen Dörfern wie etwa dem Dorf Yaprakhisar im Ihlaratal stammen. Ihre Verhaltensweisen haben sie von dort mitgebracht: Schon kleine Jungen glauben ihren Müttern nicht gehorchen zu müssen, weil diese ja Frauen seien. Und zu dem düsteren Bild, das Sevinc Brilling kürzlich im RGA zeichnete („Die Jungen werden wie Prinzen erzogen“), gehörte auch das: „In den Familien herrscht sehr viel Gewalt“. Das so offen zu sagen, spricht für ihren Mut.
Im WDR habe ich vor zwei Tagen eine Reportage gehört, da berichteten Polizistinnen davon, dass Migranten, meist Türken, sie bei Fahrzeugkontrollen und anderen Einsätzen gar nicht beachten und über ihren Kopf hinweg den Polizisten dahinter ansprechen („...als ob wir Luft wären“). Frauen als Menschen zweiter Klasse? Bei uns in Deutschland? Ein Unding! Das anzuprangern, halte ich durchaus für „politisch korrekt“. Damit unsere Gesellschaft so offen und demokratisch bleibt, wie sie ist. Schweigen hilft – auch in diesem Fall – niemandem.
„Die Gleichstellung von Mann und Frau ... ist unverrückbare Grundlage für unsere Gesellschaft. (...) Integration ... erfordert gleichermaßen Anstrengungen von den zugewanderten Menschen und der aufnehmenden Gesellschaft“, heißt es im Integrationskonzept der Stadt Remscheid. Seltsamerweise nur bezogen auf den Fußball, wird in diesem Bericht mangelnde gegenseitige Toleranz, der Einsatz verbaler und körperlicher Gewalt sowie fehlende bzw. geringe gegenseitige Integrationsbereitschaft beklagt. Gefordert wird, das Sozialverhalten ganz allgemein und die Rolle von Mädchen und Frauen im besonderen zu stärken.
Die entscheidende Frage ist nun: Was muss passieren, damit sich in den Köpfen von Frauen und Männer, gerade denen, etwas ändert? Nicht durch Ausgrenzung oder Abschottung, beide das Gegenteil von Integration, sondern durch Orte der Begegnung. Damit meint das städtische Integrationskonzept auch Jugendzentren und eine (fehlende) Stadthalle, in erster Linie meint es aber Partnerschaften. Und nennt dafür Beispiele:
- Schule für Schule
- Schüler für Schüler
- Arbeitskollege für Arbeitskollege
- Nachbarn für Nachbarn (im Haus / in der Nachbarschaft)
- Betrieb für Schulen (Ausbildung / Berufsvorbereitung)
- Betriebe für Jugendlichen (Jobpatenschaft)
- Eltern für Schüler
- Eltern für Eltern
- Frauen für Frauen
- Kirchengemeinde für Migrantenverein
- Kirchengemeinde für Religionsgemeinschaft
- Sportverein für Sportverein
Es gibt viel zu tun. Fangen wir an. Migranten und Deutsche. Gemeinsam. Das dient auch der „Sicherung des sozialen Friedens in unserer Stadt“, Punkt 9 auf der Internet-Seite „Mein Programm für Remscheid“ von Oberbürgermeisterin Beate Wilding.
Kommentare
Ansicht der Kommentare: Linear | Verschachtelt
Petra Hafele/ Christel Steylaers am :