Espresso-Maschine in der OGGS und kein Geld für Gehörlose
Waterbölles-Kommentar
Gelegentlich muss man die Diskussionen in Ausschüssen des Rates miteinander verknüpfen, um deutlich zu machen, dass vom Sparzwang der Kommune kein Teilbereich ausgeschlossen bleiben sollte. Weil das Ganze sonst absurd zu werden droht. Konkret:
Monika Kindsgrab, Gehörlosen-Seelsorgerin der Kirchenkreise Solingen und Lennep, würde sich über eine finanzielle Unterstützung ihrer Arbeit mit Gehörlosen in Remscheid freuen. Bescheidene 500 Euro erhoffte sie sich von der Stadt, und die Mitglieder des städtischen Sozialausschusses setzten sich dafür ein. Vergeblich. Denn aufgrund der desaströsen Finanzlage Remscheids und den Anweisungen der Kommunalaufsicht beim Regierungspräsidenten in Düsseldorf muss die Stadt ihre freiwilligen Leistungen abbauen. Von Aufstocken ganz zu schweigen. Wenig Verständnis dafür zeigten in der Sozialausschuss-Sitzung am Dienstag (der dritten Sitzung, in der dieses Thema zur Sprache kam) Bernd Störmer (W.i.R.) und Brigitte Neff-Wetzel (SPD). Und sie hatten die Moral auf ihrer Seite. Doch wo`s ums Geld geht… Und da hätte den Ausschussmitgliedern klar sein müssen, dass hier nicht die Höhe der Summe eine Rolle spielte, sondern der grundsätzliche Sparzwang. Der Hinweis von Petra Hellmann-Wien, die in der Sitzung Sozialkdezernent Mast-Weisz vertrat, vielleicht finde sich ja eine Organisation, die den Gehörlosen von ihrem städtischen Zuschuss 500 Euro abgebe, ließ bereits ein Ausufern der Diskussion befürchten, doch zum Glück wies Ralf Barsties, der Leiter des Diakonischen Werkes, einen Weg: „Die Wohlfahrtsverbände sollten sich des Problems annehmen…“
Szenenwechsel. Gestern besichtigte die CDU-Fraktion in der Bezirksvertretung Lennep die Einrichtungen der Offenen Ganztagsgrundschule (OGGS) in der Gemeinschaftsgrundschule Freiherr-vom-Stein in Lennep. Und da fiel den Kommunalpolitikern nicht nur eine (auf 1.000 Euro geschätzte) Espresso-Maschine in der funkelnagelneuen Küche auf, sondern auch neue Stühle, neue Fußböden, neue Vorhänge und neue Flachbildschirme. Bezirksvorsteher Dr. Heinz Dieter Rohrweck: „Das fehlt in ‚normalen’ Klassenräumen. Eine gravierender Ungleichbehandlung!“ Schließlich habe die Schule 320 Schülerinnen und Schüler; die OGGS werde aber nur von 30 beansprucht. Hilmar Somborn (CDU): „Von den Elternbeiträgen zur OGGS kann das nicht finanziert worden sein!“
Gewiss nicht. Und jedes Ratsmitglied in Remscheid müsste das eigentlich wissen. Beigeordneter Dr. Christian Henkelmann erinnerte daran in der gestrigen BV-Sitzung recht zurückhaltend: „In die OGGS sind auch Bundesmittel geflossen; da müssen wir gewisse Standards einhalten!“ Gehören dazu auch kostspielige Kücheneinrichtungen, die nicht genutzt werden, weil man sich der Dienste von Caterern bedient? Wenn schon gespart werden muss, dann überall. Auch bei Espresso-Maschinen.
Zur weiteren Erinnerung: Im Juli 2007 stellte der Rat der Stadt für den qualitativen Ausbau von 60 OGGS-Gruppen insgesamt 268.400 Euro bereit. Die OGGS sei chronisch unterfinanziert, sagte damals der SPD-Fraktionsvorsitzende Hans Peter Meinecke mit Blick auf Bund und Land. Damals hatte die W.i.R. an ihren Antrag vom Mai 2006 erinnert, die Standards (Edelstahlküchen) in den OGGS zu reduzieren. Die Ratsmehrheit hatte diesen Antrag abgelehnt. Und jetzt wundern sich Rohrweck und Somborn über die Ausstattung der OGGS-Räume??
Gleicher Ort, anderes Beispiel: Die ehemalige Dachgeschosswohnung des Hausmeisters der Freiherr-vom-Stein-Schule (Hardtstraße 18), gestern erneut Thema der BV Lennep. Aufgrund von Hinweisen der Lehrerschaft über feuchte Stellen an den Decken und (im Winter) Schnee auf dem Fußboden hatte die Verwaltung für die Reparatur in diesem Jahr 96.000 Euro in den Etat eingestellt. Benötigt wurden davon aber nur 30.000 Euro, mehr für eine energetische Dämmung der Räume als für die Behebung von Undichtigkeiten. Friedhelm Selbach vom städtischen Gebäudemanagement (SE 28): „Ein Dachdecker hat festgestellt, dass die Undichtigkeiten nur punktuell waren, das Dach ansonsten aber tiptop in Ordnung ist. Dagegen habe dringender Handlungsbedarf bei der Turnhalle und der Vorhalle bestanden.
Wohlgemerkt: Es gibt keinen kommunalen Haushalt ohne „Puffer“. Sonst könnte man auf unerwartet auftretende Ereignisse nicht reagieren. In diesem Fall fiel der Puffer aber mehr als großzügig aus.
OGGS-Räume vom Feinsten, „Spielräume“ im städtischen Etat und kein Geld für Gehörlose – so gesehen hat Bezirksvorsteher Rohrweck recht: „Eine gravierender Ungleichbehandlung!“
Kommentare
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Roland Kirchner am :
Hans Peter Meinecke am :
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