Die Banken werden gerettet – Wer rettet Remscheid?
Waterbölles-Kommentar
Von Peter Maar
Es gab Zeiten, da gehörte Remscheid zu den finanzstärksten Städten in Deutschland. Jahr für Jahr musste die Stadt im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs Millionenbeträge für finanzschwache Gemeinden abliefern. Die Sorgen, die der heutige Stadtkämmerer hat, waren seinen Vorgängern in den 60er, 70er und bis hinein in die 80er Jahre unbekannt. Millionenbeträge konnten mühelos in die kommunale Infrastruktur gesteckt werden, wobei der Finanzbedarf – auch als Folge der riesigen Schäden, die der Krieg hinterlassen hatte – enorm war. Aber Remscheid war reich, und fast alles war möglich.
Doch diese Zeiten sind Vergangenheit, denn seit jetzt ca. 20 Jahren wird Remscheid von Jahr zu Jahr immer ärmer und in zwei oder drei Jahren droht die totale Pleite. Die Ursachen hierfür sind vielfältig und – auch wenn dies viele nicht gerne hören wollen – am wenigsten der Remscheider Politik oder der Verwaltung anzulasten. Der Hauptschuldige ist der Gesetzgeber in Bund und Land, der den Gemeinden über Jahrzehnte hinweg immer neue Aufgaben und Lasten übertragen hat, ohne gleichzeitig für eine angemessene Finanzausstattung der Gemeinden auch nur annähernd zu sorgen.
Eine weitere Ursache liegt in der Tatsache begründet, dass Remscheid als kleinste kreisfreie Stadt in Nordrhein-Westfalen alle Aufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge sicherstellen muss. Die kleineren Gemeinden im Speckgürtel der Großstädte haben es da viel leichter. Die Stadt Offenbach am Main hat sich beispielsweise dadurch „saniert“, dass sie ihre Bürger auf die hervorragenden Bahnverbindungen ins benachbarte Frankfurt verwies, wo es Theater, Oper, Schwimmbäder und vieles mehr auch für Offenbacher Bürger gibt. Die eigenen Einrichtungen wurden einfach geschlossen. Nicht umsonst weisen auch die Gemeinden im „Speckgürtel“ rings um Düsseldorf die geringste Verschuldung auf. Und auch der viel gelobte Hückeswagener Bürgermeister hat gut lachen, wenn er vielleicht das Remscheider Stadttheater oder die Bergischen Symphoniker besucht, die von den Remscheider Bürgern finanziert werden.
Zurück zu Remscheid. In den letzten 20 bis 30 Jahren hat Remscheid nicht nur 20.000 Einwohner verloren (von 138.000 auf 118.000), sondern auch 20.000 industrielle Arbeitsplätze. Auch 20 Gewerbegebiete „Blume“ hätten daran nichts geändert. Der Strukturwandel, die Globalisierung und die attraktive Rheinschiene haben Remscheid, und im Übrigen auch Wuppertal und Solingen, „abgehängt“. Hinzu kommt die offensichtliche Vernachlässigung der bergischen Region durch das Land. Die Ruhrgebietsstädte haben – jedenfalls zum Teil – besser jammern können. Die Remscheider müssen sich jetzt damit abfinden: Es wird nie wieder so sein, wie es einmal war.
Ohne die massive Hilfe des Landes und des Bundes werden sich Remscheid und andere deutsche Städte nicht vor dem totalen finanziellen Absturz retten können. Einmalig vielleicht zehn Millionen Euro im Rahmen eines Konjunkturprogramms zu ergattern wäre schön, hilft aber nicht weiter. Auch die vom Rat beschlossenen Einsparmaßnahmen bleiben auf Dauer wirkungslos, denn so schnell, wie die Verschuldung ansteigt, kann überhaupt nicht eingespart werden. Da hilft auch nicht die Erbsenzählerei der W.i.R. weiter, die immer krampfhaft nach den vermeintlichen Fehlern der anderen sucht - wenn es sein muss, auch im Müllcontainer. Weiterhelfen kann nur eine umfassende Neuordnung der kommunalen Finanzausstattung, die den Gemeinden die finanziellen Mittel zubilligt, die für den Dienst am Bürger erforderlich sind. Geschieht dies nicht, wird die von der einst reichen Stadt Remscheid geschaffene Infrastruktur weiter verrotten und die Stadt auch äußerlich immer ärmer werden. (aus „Lüttringhauser Anzeiger“)
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