"Ein dichtes Netz persönlicher Bindungen"
„Die Partnerschaft der Städte in einem vereinten Europa ist ein wichtiger Teil unseres kommunalen Alltags geworden. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Botschafter der ersten Stunde ihre Mission erfüllt haben. Wenn wir auf unsere schon länger währenden Partnerschaften zurückblicken, dann lässt sich mit Fug und Recht von Erfolgsgeschichten sprechen“, betonte Oberbürgermeisterin Beate Wilding gestern Nachmittag im großen Sitzungssaal des Rathauses, als sie dort Gäste aus den vier Partnerstädten Quimper, Wansbeck, Presov und Pirna begrüßte. Nachfolgend ihre Rede:
Als Botschafter ehrenhalber hat der frühere deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher einmal die Bürgerinnen und Bürger bezeichnet, die sich in Städtepartnerschaften engagieren. Ein treffendes Wort, wie sich immer wieder erwiesen hat. Denn einerseits haben diese Menschen, die die Partnerschaft zwischen zwei Städten zu ihrem eigenen Anliegen machen, eine Botschaft zu verkünden. Und andererseits haben sie diplomatisches Geschick an den Tag gelegt, um Verständigungsprozesse in Gang zu setzen oder wieder anzukurbeln.
Viele solche Botschafter haben die Partnerschaft zwischen der Remscheid und Quimper, Wansbeck, Presov und Pirna zu dem gemacht, was sie heute ist. Unzählige Menschen aus Remscheid und unseren Partnerstädten in Europa, Politiker wie „einfache“ Bürger, haben die Beziehungen zwischen den Städten mit Leben erfüllt. Heute haben wir deshalb bei gegenseitigen Besuchen das Gefühl, gute alte Bekannte zu treffen und vertraute Stätten wieder zu sehen. Die Partnerschaft der Städte in einem vereinten Europa ist ein wichtiger Teil unseres kommunalen Alltags geworden. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Botschafter der ersten Stunde ihre Mission erfüllt haben. Wenn wir auf unsere schon länger währenden Partnerschaften zurückblicken, dann lässt sich mit Fug und Recht von Erfolgsgeschichten sprechen.
Das war anfangs gar nicht so abzusehen. Denn als deutsche Städte mit anderen europäischen Städten die ersten Partnerschaften eingingen, da lag der Zweite Weltkrieg noch nicht lange zurück. Sich damals für Verständigung und für ein friedliches, ein geeintes Europa einzusetzen, das kam nicht wenigen wie ein utopisch anmutendes Ziel vor. Doch auch bei den später eingegangenen Partnerschaften waren allseits Mut und Fingerspitzengefühl gefragt. Kamen doch die Bürgerinnen und Bürger oftmals aus ganz verschiedenen Welten: aus dem West- und dem Ostblock oder dem ehemaligen Ostblock, aus städtischen und ländlichen Regionen.
So entstanden in den 70er Jahren Partnerschaften mit der französischen Stadt Quimper und dem englischen Distrikt Wansbeck. Im Zuge der Schaffung eines Europäischen Hauses in den 80er Jahren konnte 1988/89 die Bande zur slowakischen Stadt Presov geknüpft werden. 1990 – wenige Monate nach dem Fall der Mauer und wenige Monate vor der Einheit Deutschlands – wurde die Partnerschaft mit dem sächsischen Pirna begründet.
Heute können wir feststellen, dass wir in Europa dem Ziel der ersten Stunde sehr nahe gekommen sind. Westeuropa blickt auf die längste Friedensperiode zurück, die unser Kontinent je gekannt hat; und in den Prozess des Zusammenwachsens sind nun auch die osteuropäischen Länder einbezogen. Es hat viele Gründe, dass die Länder sich verständigt haben - dazu beigetragen haben jedoch auf jeden Fall auch die Städtepartnerschaften, die eine Verständigung auf ganz persönlicher Ebene ermöglicht haben.
Wie unbezahlbar der Frieden zwischen den Menschen ist, erleben wir in diesen Tage beim Blick in den Nahen Osten. Entscheidend für die Verständigung ist die Brücke zwischen den Menschen. Denn die europäische Einigung kann nur gelingen, wenn die Menschen in den beteiligten Ländern sie wollen. Beschlüsse von Politikern sind gut und schön, aber auch die Normalbürger müssen sich einander nahe genug fühlen, um sich eine gemeinsame Politik vorstellen zu können. Auch hier ist mittlerweile viel erreicht. Die gemeinsame Währung Euro ist, nach anfänglichen Vorbehalten, doch allgemein gut angenommen worden, und seit der Wende von 1989/90 besinnt man sich in ganz Europa wieder auf gemeinsame Wurzeln, auf Gemeinsamkeiten in Geschichte und Kultur.
Städtepartnerschaften waren von Beginn an nicht bloß eine Angelegenheit von Mandatsträgern. Städtepartnerschaften leben davon, dass die Menschen ein dichtes Netz persönlicher Bindungen geknüpft. Begegnungen aller Art haben stattgefunden, zwischen Schülern, Senioren, Sportlern und Künstlern beider Städte, zwischen den unterschiedlichsten Verbänden und selbstverständlich auch zwischen den Politikern. Dieser Erfahrungsaustausch und vor allem die vielen Besuche in Gastfamilien haben dazu beigetragen, den Alltag im anderen Land aus nächster Nähe kennen zu lernen und mitzubekommen, was die Menschen bewegt, was ihnen Sorgen bereitet und was ihnen Freude macht.
Angesichts des Erreichten könnte man versucht sein zu sagen, dass die Städtepartnerschaften ihre Funktion erfüllt haben und zu den Akten gelegt werden könnten. Doch das griffe viel zu kurz. Denn ganz abgesehen davon, dass wir die freundschaftlichen Kontakte, die sich entwickelt haben, beibehalten wollen, müssen wir auch sehen, dass eine Beziehung zwischen Städten gepflegt und um gute Beziehungen zwischen den Völkern immer wieder gerungen werden muss. Wir können also nichts Besseres tun, als es den Bürgern unserer Städte und insbesondere unseren jungen Bürgern auch weiterhin zu ermöglichen, in persönlichen Begegnungen viel voneinander zu erfahren.
Diese Begegnungen, das habe ich immer wieder gehört, sie geben den Beteiligten viel. Sie machen ihnen Spaß, sie liefern Stoff zum Nachdenken, sie motivieren zu weiteren Besuchen, sie bahnen Freundschaften fürs Leben an.der Frieden zwischen den Menschen beginnt im Kleinen. Er beginnt in der Partnerschaft zwischen den Gemeinden und ihren Menschen. Deshalb lohnt sich Engagement und Einsatz für die Städtepartnerschaften.
Kommentare
Ansicht der Kommentare: Linear | Verschachtelt