Was für eine negative Überraschung
Meine Tante Emmi führte jahrzehntelang ihren Tante-Emma-Laden an der Burger Straße. Als sie ihn vor etwa 20 Jahren aus Altersgründen schloss, kamen Rundfunk und Fernsehen, um das Ende dieses letzten Emmaladens in ganz NRW zu dokumentieren. Das Geschäft war in der Nachkriegszeit eine Institution in Bliedinghausen, und meine Mutter half der Tante viele Jahre im Verkauf. So gingen auch wir Kinder dort ein und aus. Falls es das karge Familienbudget zuließ, gab es für uns noch Süssigkeiten zum Schnagern.
Vor etwa vierzig Jahren tauchte dann plötzlich etwas auf, was den Markt der Leckereien gänzlich revolutionierte - das Überraschungsei! Ein größeres Ei aus Vollmilchschokolade, in bunter Verpackung und mit häufig wechselnden Figürchen aus Kunststoff als Inhalt. Diese Kunststoffartikel erreichten als Sammelobjekte schnell Kultstatus. Das Produkt wurde zu einem Quantensprung für den Hersteller und begleitete unzählige Kinder und Jugendliche. Selbst Erwachsene kauften es gerne, immer mit der Anspannung verbunden, was sie im Inneren erwartete.
Da platzt doch in die Trägheit des Sommers 2008 eine negative Überraschung ganz anderer Art, die Olympische Spiele, Wale in der Ostsee, Wetterkapriolen jeglicher Art oder den Schuldenstand der Stadt total in den Schatten stellt und den Freunden der Schokoladenleckerei den Atem stocken ließ: Das Überraschungsei soll gesetzlich verboten werden! Es sei zu gefährlich für Kinder, weil diese den Inhalt essen oder gar ganz verschlucken könnten. Als ob die Kinder auf den Gedanken kämen, ihre wertvollen Sammelobjekte zu verspeisen. Darüber hinaus ist doch sicher kein Fall bekannt, wo das Verzehren der Schokolade zu Schäden geführt hätte, wenn man von Gewichtsproblemen absieht.
Schon machen aber die Freunde des Überraschungseis sehr entschlossen mobil und der Kampf um das Kultobjekt wogt vor der geneigten Öffentlichkeit hin und her. Das gute, leckere Ende scheint allerdings greifbar nahe. Gelobt sei jedoch das Land, dessen Bundespolitiker offenbar keine anderen Sorgen haben.
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