Unter "Kotten" wurde früher vielerlei verstanden
Die heutige Ortschaft Aue im Morsbachtal gilt als einer der ältesten Schleifkottenplätze im bergischen Raum.: Ursprünglich waren die Talgründe rund um Remscheid sehr sumpfig. Man begann dann mit zunehmender Besiedlung, diese Flächen zu entwässern, und legte Wiesen und Gärten an, um Viehfutter zu gewinnen und den Haushalt mit Eßbarem zu unterstützen. So entstanden in unseren Tälern überall blumige Auen. Nun begann aber die Zeit der Wasserkraftnutzung und viele Wiesenflächen wurden zu Teichen umgebaut. Diese Stauteiche bildeten die Grundlage all dessen, was je an Werk- und Hilfszeugen das Bergische Land verlassen hat. Die Wiesen wurden durch ein besonderes Bewässerungssystem mittels Gräben vor dem Austrocknen bewahrt.
Bereits 1487 wird die Aue als Wohnplatz (möglicherweise Schleifkotten mit Wohngeschoß) genannt. Erst um 1620 entstanden reine Wohnhäuser am Standort. 1675 umfaßte die Aue zwei Anwesen mit Wohnhäusern und Schleifkotten, 1815 zwölf Wohnhäuser mit 90 Einwohnern, 1832 sechs gewerbliche Betriebe und 16 Wohnhäuser mit 84 Bewohnern. 1864 zählte man 16 Wohnhäuser mit 28 Haushaltungen und insgesamt 131 "Köpfe".
Wie ist eigentlich der Name "Kotten" entstanden? Während in alten Schriftstücken noch von Schleifmühlen die Rede ist, taucht um 1600 der Name Schleifkotten auf. Kotten bedeutet also ursprünglich die Hütte eines kleinen Bauern, eines Kötters. Im Bergischen Land bezeichnete man mit der Zeit nur solche Behausungen als Kotten, die zugleich als Werkstatt dienten. Schließlich nannte man nur noch die Werkstätten Kotten, die zu Schleifzwecken verwendet wurden. Die sogenannten "Slipkotten" der Zeit vor dem 30jährigen Krieg müssen wir uns viel kleiner vorstellen, als die in späteren Jahrhunderten errichteten Gebäude. Es waren kleine, primitive, einstöckige Bauten mit höchstens zwei Arbeitsräumen und mit einem niedrigen Strohdach versehen.
Als das Gewerbe einen größeren Umfang annahm, baute man die Kotten zweistöckig und verlegte die Plieststuben in das Obergeschoß, sofern es nicht als Wohnraum genutzt wurde. Ich erinnere mich an meine Oma, die in der kleinen Kiepe am Steffenshammer im Gelpetal groß geworden ist. Diese wirklich kleine Kiepe war teilweise mit neun Personen bewohnt, wobei die hintere Stube Haustube und Wohnstube zugleich darstellte. Geschlafen wurde auf dem Speicher.
Was gab es nicht alles für Hämmer rund um Remscheid: Wir lesen von einem Breithammer, Eisenhammer, Klopfhammer, Reckhammer, Raffinierhammer, Selfhammer und Schwanzhammer. Wollen wir die einzelnen betrachten:
Ein Breithammer breitet den Stahl aus. Er ist schon in frühester Zeit erwähnt und meist im Dienste des Sichelhandwerks. Später wurden auch Sensen, Sägen, Kuchenpfannen, Kellen, Spachtel, Truffeln etc. darauf gefertigt.
Die Eisenhämmer bearbeiteten das vom Handwerk reichlich benötigte Roheisen aus den Hüttenwerken und gaben dem Eisen die Form von Stangen, Bändern, Platten und Blechen. Klopfhämmer waren meist kleinere, schnell schlagende Hämmer, die überwiegend als Werkzeugschmieden tätig waren. Sie wurden auch Klipperhämmer genannt, siehe Sensenhämmer zu Müngsten.
Reckhämmer sind meist mit Rohstahl und Stahlhämmern identisch. Sie verarbeiten überwiegend die von den Siegerländer Hütten bezogenen Rohluppen und Stahlkuchen, indem sie das spröde Rohmaterial in Stücke zerschlugen, mit Eisenmengen zusammenschmolzen, mit dem Hammer gründlich durchschmiedeten und in handelsübliche Stücke und Stäbe formten.
Die Raffinierhämmer hatten eine raffinierte Aufgabe: Sie schmiedeten verschiedene zusammengelegte Stahlschichten aus, die mehrmals gefaltet und wieder ausgeschmiedet wurden. Es entstand auf diese Weise ein äußerst biegsamer und haltbarer Stahl. Die besten Stahlsorten wurden drei- bis viermal "raffiniert". So entstand dann auch der legendäre Damaszenerstahl, der bis zu 1000 mal gefaltet und ausgeschmiedet wurde.
Selfhämmer sind seit frühester Zeit benannt und stellen nichts anderes dar als einen gewöhnlichen Wasserhammer. Der Name kommt von Selbsthammer, weil er ohne Armkraft durch das Wasserrad und die Welle ausschließlich mit Wasserkraft betrieben wurde.
Die Schwanzhämmer sind die älteste Hammerart. Sie sind mit leichtem oder schwerem Stahlklotz am Hammerkopf verkeilt, haben einen sehr stabilen Hammerstiel aus Eichenholz und werden mittels Nocken an der Welle bewegt.
Zunächst einmal gehört zu jedem Schmiedehammer ein Stauteich, der von einem mehr oder minder großen Bach mit Wasser versorgt wird. Am Gockelshammer zum Beispiel gab es den breiten Obergraben, der bis in Höhe der Bärenkuhle stets schmaler wurde, und den abschließenden Stauteich, an dem drei Hämmer ihren Dienst verrichteten. Hammer benötigte immer eine gehörige Portion Kraft, um das glühende Eisen in die notwendige Form zu bringen. Diese Kraft ließ sich nur gewinnen, wenn man das Wasser von oben auf das Wasserrad laufen ließ. Diese Art Wasserräder war an allen drei Hämmern des Gockelshammers, ebenso an den Morsbacher Hämmern zu finden. Diese entwickelten je nach Bauart und Wasserkammergröße in der Regel 10 bis 12 PS. Nachteil dieser Bauart war der große Wasserbedarf, und bei drei Hämmern an einem Teich und einem trockenen Sommer war der Teich sehr schnell leer gefahren, wobei es dann meist Ärger gab. (aus: „Von Müngsten bis Gerstau - Hämmer- und Kottenforschung in Remscheid“ von Günther Schmidt, im Jahr 2000 im Verlag: Buchhandlung R. Schmitz, Remscheid-Lennep, erschienen, Fotos aus Band I.)
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