Bürgerforum: Wenig Neues im zweiten Akt
„Wer kommt aus Remscheid?“, fragte Moderator Horst Kläuser. Da gingen viele Arme in die Höhe. „Und wer mag unsere Stadt?“ Da senkten sich dann einige wieder, andere kamen hinzu. „Das hätte eigentlich übereinstimmen sollen!“ Mit diesem Stimmungstest begann gestern das zweite der insgesamt drei Bürgerforen zum Finanzdebakel der Stadt. Dass dazu mehr als 300 Bürger/innen, darunter wie erwartet viele Schüler der Grundschule Goldenberg und ihre Eltern, ins Schulzentrum Klausen gekommen waren (die Stühle reichten nicht aus), erfreute Peter Maar, den Vorsitzenden des Heimatbundes Lüttringhausen, ganz besonders: „Mehr Besucher im kleinen Lüttringhausen als vor einer Woche beim ersten Bürgerforum im großen Remscheid!“ Eines war in Lüttringhausen aber wie in Remscheid: Nach der „Schuldiskussion“ gingen die Schüler und die Eltern. Und: Sparvorschläge waren Mangelware.
In der Sophie-Scholl-Gesamtschule hatten Oberbürgermeisterin Beate Wilding und die drei Beigeordneten der Stadt am vergangenen Mittwoch nur einen einzigen Sparvorschlag gehört (Eltern pflegen Grünanlagen der Schulen). Gestern Abend hörten sie drei:
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Nachts nur jede zweite Straßenlaterne brennen lassen
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Müssen es an Ampelanlagen immer zwei Ampeln sein (links und rechts der Straße)? Reicht nicht auch mal eine?
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Hat Remscheid womöglich zu viele Friedhöfe? („Schließen Sie lieber 'nen Friedhof als 'ne Schule!“- Horst Kläuser spontan: „Eine neue Siedlung auf einem Friedhof? Schwierig. Dann hätte dann jeder gleich ein paar Leichen im Keller.“)
Neu waren diese Vorschläge für den Verwaltungsvorstand allerdings nicht. Beigeordneter Dr. Christian Henkelmann: „Das überprüfen wir bereits!“ Und das Finanzproblem der Stadt lässt sich mit damit auch gewiss nicht lösen. Was aber nicht heißen soll, dass nicht jeder Vorschlag willkommen wäre. Bekanntlich macht ja auch Kleinvieh Mist, sprich: Auch kleinste Sparmaßnahmen können insgesamt einen großen Batzen ergeben. Doch mit dieser mageren Ausbeute bestätigte auch das zweite Bürgerforum des Verwaltungsvorstandes: Die Bürger können mit der „Giftliste“ wenig anfangen, sind damit überfordert, sind verunsichert (siehe Kommentar vom 20. Februar). Was soll man auch zu „Prüfaufträgen“ sagen, deren Ergebnisse noch nicht feststehen oder noch nicht veröffentlicht worden sind? Sicherlich wären die gestrigen Diskussionsbeiträge weitaus konkreter ausgefallen, hätten sich die Bürger mit Stellungnahmen der Fachabteilungen auseinandersetzen können. So blieb es denn weitgehend bei allgemeinen Appellen, Remscheid nicht untergehen zu lassen, und bei der Warnung: „Je unattraktiver die Stadt, desto weniger Einwohner!“ Welches Fazit die Kommunalpolitiker aus dem gestrigen Forum zogen – man weiß es nicht. Keiner meldete sich zu Wort. Schweigen bis zur entscheidenden Ratssitzung am 8. Juli? Wohl kaum! Das käme einer auch symbolischen Bankrotterklärung gleich. Eine politische Diskussion der Sparvorschläge ist unumgänglich; sie sollte alsbald beginnen.
Bei der Berichterstattung über die Bürgerforen hat es der Waterbölles in einem Punkt leichter als die Kollegen/Kolleginnen der Lokalzeitungen. Weil er sich auf kurze Links zu früheren Berichten beschränken kann, folglich viele Argumente und Gegenargumente nicht zu wiederholen braucht. Wiedie Eingangsrede von Oberbürgermeisterin Beate Wilding; sie war mit der von Mittwoch identisch (siehe Teil 1 und Teil 2). Oder die Auffassung von Schuldezernent Burkhard Mast-Weisz sowie der für „ihre Schule“ (in diesem Fall Goldenberg) eintretenden Schüler, Eltern und Lehrer. Was der Stadtdirektor am Mittwoch zur Grundschule Struck gesagt hatte, sagte er gestern zur Schule Goldenberg. Und die Argumente der Eltern waren bereits am vergangenen Donnerstag in der Gaststätte „Haus Goldenberg“ beim „Dialog mit Kommunalpolitikern“ vorgetragen worden. Lassen wir an dieser Stelle also nur zwei Grundschüler zu Wort kommen. Der eine: „Ich möchte nicht, dass die Schule geschlossen wird. Ich habe mit ihr schon in der ersten und in der zweiten Klasse gute Erfahrungen gemacht!“ Und der andere: „Sparen Sie nicht bei den Schulen, sondern lieber an der Weihnachtsbeleuchtung am Rathaus!“ Zwei Bemerkungen, die heiter stimmten. Bei zwei anderen verzog der Beigeordnete Dr. Christian Henkelmann dagegen keine Miene. – „Wenn bei der Kultur so viel gespart werden soll, brauchen wir dann überhaupt noch einen Kulturdezernenten?!“ - Die andere Wortmeldung bezog sich auf städtische Mitarbeiter des Grünflächenamtes auf dem Friedhofs Reinshagen. Die stünden schon unter der Dusche, wenn Mitarbeiter einer Fremdfirma noch das Laub beseitigten. (Henkelmann sagte zu, der Sache nachzugehen.)
Links lassen sich auch setzen zu früheren Aussagen von Richard Ulrich, Geschäftsführer der „Schlawiner“ (beim Treffen der Vereinsvertreter mit der OB im Ratssaal und der Podiumsdiskussion in der Kraftstation). Der Verein habe bereits die Hälfte seines Personals abgebaut, wiederholte Ulrich gestern. „Wir laufen am unteren Limit. Die Mitarbeiter leisten unentgeltlich Überstunden, zum Beispiel in der Stadtteil- und der Seniorenarbeit!“ Auch Jugendliche machten sich für die „Schlawiner“ stark: „Das ist unser zweites Zuhause!“ Mast-Weisz beschwichtigend: „Unser Ziel ist, dass der Verein seine erfolgreiche Arbeit fortsetzen kann!“ Und auch die von Peter Maar vorgetragenen Argumente für den Erhalt des Bürgerbüros Lüttringhausen hat man früher schon einmal gehört. Die Kurzfassung hier: „Die Schließung wäre sinnlos, weil sie zu keiner Einsparung führen würde!“
Eher mit kritischem Unterton wurde ehrenamtliches Engagement diskutiert, das auch beim ersten Bürgerforum angesprochen worden war. „Was sollen wir denn noch alles machen?“, fragte eine Mutter, die sich bereits im Schulverein und im Sportverein (ihrer drei Kinder) engagiert. Antwort der Oberbürgermeisterin: „Sprechen Sie alle an, die sich noch nicht engagieren!“ Auf Fragen zum weiteren Stellenabbau in der Stadtverwaltung ging sie nur teilweise ein. So blieb der Hinweis darauf, dass 45 Prozent der städtischen Einnahmen in den Personaletat fließen, unkommentiert. Und zur Frage, wo denn weitere 100 Mitarbeiter eingespart werden sollen, antwortete die OB: „Das hängt davon ab, in welchen Bereichen die Zusammenarbeit mit den Nachbarstädten intensiviert werden wird.“
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