Künftig Schwertransporte an der "Blume"?
Mitte dieses Monats präsentierte Baudezernent Helmut Kennepohl der Öffentlichkeit einen heimischen Automobilzulieferer mit 300 Mitarbeitern als Interessenten für das geplanten Gewerbegebiet „Blume“. Einen Tag, nachdem Stadtplaner Hans Gerd Sonnenschein die Gewerbeansiedlung auf Brachflächen entlang der früheren Bahntrasse zwischen Hauptbahnhof und Hasten ins Gespräch gebracht hatte mit den Worten „Vielleicht können wir anhand der Kosten-Nutzen-Abwägung beweisen, dass alternative zentralere Industrie-Standorte den bisher üblichen überlegen sind.“ An Industriebrachen mangelt es in Remscheid nicht. Und weitere werden hinzu kommen. Abgerissen werden zur Zeit Produktionshallen der früheren „Bergischen Stahl-Industrie" (BSI) an der Papenberger Straße. Der jetzige Besitzer ThyssenKrupp nutzt sie schon seit mehreren Jahren nicht mehr. Was mit den frei werdenden 18.000 Quadratmetern geschehen soll, steht noch nicht fest. Dauerparkplätze wären die eine Alternative, die andere der Verkauf an ein anderes Industrieunternehmen. Der Nachbar Faiveley möchte expandieren. Kennepohl kann ihn sich auch an der „Blume“ vorstellen.
In direkter Nachbarschaft von „BSI Guss“ und ihren demnächst freien 18.000 Quadratmetern produziert an der Ecke Weststraße/Papenberger Straße in einer dreigeschossigen Werkshalle (früher ebenfalls der BSI gehörend) die Firma Faiveley Transport Holding GmbH& Co. KG, „Tochter“ einer französischen „Mutter“, Kupplungen und Bremsteile. Der früher zur SAB-Wabco-Gruppe gehörende Betrieb ist auf dem Absprung. Ins Ruhrgebiet oder noch weiter weg, vielleicht aber auch nur nach Lüttringhausen, zur „Blume“. Denn „Faiveley Transport“ ist das Pfund, mit dem Helmut Kennepohl wuchern zu können glaubt, damit sich die Kommunalpolitik in Sachen „Blume“ weiter bewegen möge. Doch was Faveley-Geschäftsführer Wolfgang Berndes dem RGA sagte, macht aus dem Pfund schnell wieder einen Penny: Man habe sich erst Standorte im Ruhrgebiet angesehen. Remscheid sei danach gekommen als eine Möglichkeit unter mehreren. Oder versucht hier ein Manager munter zu pokern?
Fest steht: „Faiveley Transport“ sucht einen neuen Produktionsstandort, der rund um die Uhr, also auch nachts, von großen Lastwagen (40-Tonnern) angefahren werden kann. Zweitens müsse an dem neuen Standort ein hoher Geräuschpegel erlaubt sein. Und drittens ist ein möglichst niedriger Grundstückspreis erwünscht. Der Adressat dieser „bescheidenen“ Wunschliste ist leicht auszumachen: Alle an Industrieansiedlung interessierten Städte und Gemeinden. Und davon gibt es eine ganze Menge, allesamt Konkurrenten untereinander, auch und gerade im Ruhrgebiet. Das weiß die Wirtschaft und bringt am alten Standort gerne den drohenden Wegfall von Arbeitsplätzen und Steuereinnahmen ins Spiel, am möglichen neuen Standort den entsprechenden Zugewinn. Es klingt wie Hohn, wenn der Remscheider Faiveley-Geschäftsführer im RGA davon spricht, „das Rennen“ sei offen, werde aber bis Jahresende entschieden sein. Ist es das finanziell günstigste Angebot, das das Rennen machen soll?
Sollte damit gemeint sein, „Nun macht mal schön, liebe Stadt Remscheid“ - , okay, leichten Herzens kann heutzutage keine Stadt ein Unternehmen mit 300 Mitarbeitern (und deren Familien) ziehen lassen. (Allein im vergangenen Jahr hat die Stadt Remscheid rund 1500 Arbeitsplätze verloren.) Ein Halten um jeden Preis darf es jedoch nicht geben. Wie wäre es denn, wenn die Stadt die jetzigen Nachbarn ThyssenKrupp und Faiveley an einen Tisch bringen würde? Die einen machen gerade 18.000 Quadratmeter frei. Könnten Sie unter Umständen noch mehr einbringen? Und warum nicht gleich die Essener RAG Gewerbeimmobilien GmbH (RGI) dazu bitten, die das benachbarte Bahnhofsgelände überplanen soll. Lieber allen Gehirnschmalz aller Beteiligten einsetzen zur Verhinderung einer Abwanderung von Faiveley und damit einer weiteren stadtnahen Industriebrache (denn für das jetzige Faiveley-Gebäude dürfte sich so schnell auch kein Käufer finden), statt gleich am grünen Stadtrand laute Schwerindustrie anzusiedeln nach dem Motto „Wie hätten Sie 's denn gerne?“. Dass dies überhaupt ernsthaft in Erwägung gezogen zu werden scheint, macht deutlich, wie schwach zur Zeit die Position der Städte gegenüber der Wirtschaft ist. „Erpressbar“ ist das Wort, das mir in diesem Zusammenhang einfällt.
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