Zählen Sie bitte nach: Dieses Haus hat nur vier Etagen!
Ich bin ganz sicher, liebe Waterbölles-Leser, Sie können noch bis vier zählen - und auch darüber hinaus. Deshalb die bescheidene Frage: Wie viele Etagen hat dieser Neubau, der anstelle einer alten Villa auf einem (noch) baumbestandenen Grundstück am Ahornweg zwischen Sedanstraße und Föhrenstraße entstehen soll? „Adam Riese“ und der normale Menschenverstand kommen auf sechs. Okay, es handelt sich um eine Hanglage, und der Pkw auf dem Plan rechts steht vor der Tiefgarageneinfahrt im Keller. Lassen wir das Untergeschoss also weg. Bleiben noch fünf Etagen, den Dachaufsatz des Aufzuges ebenfalls nicht mitgerechnet. Falsch, sagen in einem solchen Fall Bauherren, Architekten und die Experten der kommunalen Bauaufsicht und berufen sich auf geltendes Baurecht. Demnach hat dieser Neubau vier Etagen. So steht es auch in der Vorlage von Oberbürgermeisterin Beate Wilding an die Bezirksvertretung Süd (BV). Zitat 1: „,Die Planung sieht zwei maximal viergeschossige Wohngebäude vor mit zusammen 41 Wohneinheiten. Der Antragsteller hat dargelegt, dass es sich entsprechend der Landesbauordnung um vier Vollgeschosse handelt.“
Dass der Antragsteller das so sieht, mag ja sein. Aber wie sieht man das im Remscheider Rathaus? Zitat 2: “Die Bebauung ist städtebaulich vertretbar. (…) Mit der hier vorgestellten Bebauung kann eine städtebaulich wünschenswerte Entwicklung des Grundstücks erreicht werden. (…) Deshalb wird das Vorhaben planungsrechtlich befürwortet.“
Das Grundstück Sedanstraße / Ecke Ahornstraße liegt im rechtkräftigen Bebauungsplans Nr. 290. Der setzt für dieses Areal Reines Wohngebiet (WR) fest, im nördlichen Bereich des Grundstücks auf eine drei- bis viergeschossige Bebauung in geschlossener Bauweise beschränkt und im südlichen Teil auf eine eingeschossige Bebauung in offener Bauweise. Die OB-Vorlage weist zwar darauf hin, dass zum einen die geplante Bebauung von den im Bebauungsplan festgesetzten Baugrenzen abweicht und zum anderen von der festgesetzten Geschossanzahl, kommt aber zu dem Schluss: „Die Grundzüge der Planung, die eine Wohnbebauung in diesem Bereich vorsehen, werden von dieser Abweichung nicht berührt.“
In diesem Zusammenhang erinnert die Vorlage die BV-Mitglieder daran, dass der Politik das Bauvorhaben bereits im November vorigen Jahres in der damaligen Sitzung des Bausschusses und der BV „in den Grundzügen vorgestellt“ worden sei. Damals sei „eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans … dem Grunde nach befürwortet“ worden.
Daran konnte sich auch Willi Korff (SPD) gut erinnern. Aber auch daran, dass die BV damals von der Verwaltung hatte erfahren wollen, wie viele alte Bäume dem Neubau weichen müssten. Weil es darauf damals keine klare Antwort gab, hatte die BV die Bauverwaltung beauftragt, mit dem Investor Rücksprache zu halten und in einer der nächsten Sitzungen Bericht zu erstatten. Auf diesen Bericht wartet die BV noch heute. „Das ist vergessen worden“, bekannte gestern Stadtplaner Sonnenschein. Und Willi Korff zeigte dafür sehr betont Verständnis: „Das kann ja jedem mal passieren!“
Aber damit hatte die BV einen weiteren Grund, das Thema in die nächste Sitzung zu verschieben. Bis dahin kann die Bauverwaltung dem Investor dann gleich zwei Fragen stellen – die nach den Bäumen und die nach der Geschosszahl.
Mal angenommen, lieber Waterbölles-Leser, Sie wollten in einem Wohngebiet mit drei- und viergeschossigen Häusern bauen und hätten sich ausgerechnet, dass sich 41 Wohnungen noch besser rechnen (d.h. der Ertrag höher wird), wenn – entgegen dem gültigen Bebauungsplan - fünfgeschossig gebaut werden darf. Dann würde es doch Sinn machen, Pläne mit sechs Geschossen vorzulegen und sich auf fünf „herunterreden“ zu lassen. Die Kommunalpolitiker könnten das dann für sich als Erfolg buchen. Und die Bauträger sowieso.
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Frank Schneider am :