Dezember 2011: Der Waterbölles blättert zurück
In der Nacht zum Heiligabend 2011 wurde an der Borner Straße eine Pizzeria- und Wasserpfeifenbar ein Raub der Flammen, deren Neueröffnung erst wenige Stunden zuvor gefeiert worden war. 1912 hatte der Lenneper Architekt Albert Schmidt das bergische Fachwerkhaus, das damals noch am Hindenburgwall in Lennep stand (früher Alleestraße, heute Am Thüringsberg) gekauft und an die Borner Straße versetzt, als es abgerissen werden sollte. In den 1970er Jahren war dort ein Video-/Nachtclub untergebracht, später dann ein China-Restaurant.
Abgerissen wurde vor zehn Jahren das Haus Königsstraße 195, in dem Franz Carl und Martha Fach etliche Jahre im Erdgeschoss eine Kneipe betrieben hatten, Älteren Remscheider/innen war Fach allerdings weniger als Gastwirt, sondern vielmehr als Zirkusdirektor bekannt. In den 1920er Jahren zogen die Fachs mit seinem Zirkus umher, später hatten sie dann an der Königstraße eine Tierhandlung. Im Keller des Hauses sollen sie sich sogar einen Bären gehalten haben. Sogar von einem Löwen im Keller war die Rede, aber das war denn doch wohl eher eine Mär. Der Remscheider Fotograf Hans Georg Müller erinnert sich: "Vor etwa 50 Jahren fotografierte ich bei den Zirkusleuten im kleinen Wohnzimmer. Es raunzte und gurrte und knurrte aus allen Winkeln des Zimmers, wo in Käfigen Lebendiges gehalten wurde. Ab und zu sprach ein Papagei. Lori genannt. Zig Urkunden, Peitschen und Zaumzeug hing an den Wänden, und ein nicht genau zu definierender Duft, eher Geruch, waberte durch den historienschwangeren Raum. Nachdem wir einen Klaren getrunken und uns viele Geschichten vom Zirkus angehört hatten, wurde uns der Braunbär im Untergeschoß hinter dicken Eisenstangen präsentiert."
2001 machte das Haus Nr. 195 wegen eines wegen eines Dachstuhlbrandes Schlagzeilen in der Lokalpresse (da lebte der Bär schon nicht mehr). Seitdem stand das Gebäude leer und verfiel, ohne dass dies äußerlich sonderlich auffiel. Dafür sorgte von außen ein dichte Efeubewuchs. Als das Haus im Dezember 2011 schließlich abgebrochen wurde, hatten Schaulustige den Eindruck, es fiele beinahe von selbst in sich zusammen, kaum waren die armdicken Efeu-Äste entfernt worden.
Alles begann hoffnungsvoll: Jochen Rohr führt die neue "ISG Alleestraße", titelte der Waterbölles am 9. Dezember 2011. Tags zuvor hatten acht Besitzer von Immobilien an der Alleestraße in der Tanzschule Wieber in Anwesenheit des Notars Dr. Hans Joachim Kind die „ISG Alleestraße“ gegründet und zugleich einstimmig einen Vorstand gewählt: Jochen Rohr (Vorsitzender), Jörg Oestreich (2. Vorsitzender), Werner Roetzel (Schatzmeister), Uwe Milz (Schriftführer), Hedwig Meynen (Beisitzerin), Michel Ruepp (Beisitzer), Doris Lüneschloss, Martina Schmidt und die Stadtsparkasse, vertreten durch Axel Steinweger. Ehrenamtlicher Geschäftsführer wurde Ralf Wieber, der Vorsitzende des „Marketingrates RS-Innenstadt“. Zweck des Vereins sollte es, „die Attraktivität der Remscheider Innenstadt im Bereich der Fußgängerzone Alleestraße als Einzelhandels- und Dienstleistungszentrum zu erhöhen, die Rahmenbedingungen für die in diesem Bereich niedergelassenen Betriebe zu verbessern und den Werterhalt bzw. die Wertsteigerung der Immobilien des Bereichs zu unterstützen“. Darüber hinaus zielte der Verein auf die „Erhöhung der Aufenthalts- und Wohnqualität des Bereichs“ ab. Ein Ziel, das jetzt ohne die ISG anzustreben bleibt…
Ganz anders als in dem Vorjahren (und in späteren Jahren bis heute) sah 2011 der Weihnachtsmarkt nebst Eisstock- und Eisbahn auf dem Rathausplatz aus: Die Buden (weniger Adventlichtes und mehr für den Magen) waren dichter an das weiße Quarree herangerückt. Neue, spitze Restaurationszelte und ein Wigwam-artiges Lokal gegenüber sollten speziell jene Remscheider/innen ansprechen, die mehr an einer geselligen Runde mit Freunden Interesse hatten.
Wie schon 2009 und 2010 blieb auch 2011 der kommunale Ordnungsdienst (und auch danach mit wechselnder Intensität) in der öffentlichen Diskussion. Und auch in dem vollmundigen „Ordnungskonzept“, das Stadtkämmerin Bärbel Schütte (Foto) der Politik 2011 vorlegte, konnte Volker Apmann (SPD) am 30. November im Ausschuss für Bürger, Umwelt, Klimaschutz und Ordnung Ziele und Maßnahmen „kaum erkennen“. Es sei ja auch noch nicht fertig, räumte Schütte ein, sondern nur ein Einstieg in die Thematik!“ Wohlgemerkt: Mehr als drei Jahre nach der Forderung nach einem neuen Ordnungskonzept!! Kommentar des Waterbölles damals: „Wenn in diesem Rennschnecken-Tempo weiter an Vorlagen geschrieben und in den politischen Gremien diskutiert wird, ist der erste Beamte längst in Pension gegangen, bevor konkrete Maßnahmen zu ersten konkreten Ergebnissen geführt haben.“
Fortbildungen für städtische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter war auch vor zehn Jahren schon ein Thema: „Stadtverwaltung braucht die Fortbildung von Mitarbeitern“, hieß es im Waterbölles am 8. Dezember 2011. Zu dem im Juli 2010 vom Rat der Stadt beschlossenen zum Maßnahmenplan zum Schuldenabbau 2010 – 2015 hatte auch der Prüfauftrag gehört, das Fortbildungsangebot für die städtischen Mitarbeiter/innen zu reduzieren. Dafür sah Stadtkämmerin Bärbel Schütte aber am 7. Dezember 2011 im Haupt- und Finanzausschuss keine Möglichkeit. Im Zuge der weiteren Sparüberlegungen sei auch der Verzicht auf bestimmte Aufgaben zu erwarten. Das aber erfordere dann die Versetzung von Mitarbeitern, sprich: ihre Einarbeitung in neue Aufgaben in Bereichen, in deren es durch den Wegfall von Planstellen zu Personalengpässen gekommen sei. Im schriftlichen Bericht der Verwaltung zum Maßnahmenplan las sich das damals so: „Vor dem Hintergrund der umzusetzenden Haushaltssicherungsmaßnahmen, u.a. des in den Jahren 2010 bis 2020 zu realisierenden Personalabbaus, kann keine Reduzierung des Fortbildungsangebotes erfolgen. Die Aufgabenverdichtung erfordert vielmehr verstärkte Investitionen in Umschulungen, Qualifizierungen etc., um die erwarteten Wirkungen aus den personalwirtschaftlichen Maßnahmen auch zu erreichen.“ (siehe auch Fortbildungen für Führungskräfte sind geplant von heute)
Eine Veranstaltungsbühne auf dem Alter Markt hatten sichc die Lenneper Vereine schon lange gewünscht: anfang Dezember 21011 wurde sie feierlich eingeweiht. Möglich gemacht hatten dies die LTG und die Volksbank Remscheid-Solingen eG; sie finanzierten die neue Bühne zu gleichen Teilen. Dafür war eigens ein Verwaltungsrat gegründet worden, der sich in Zukunft mit der Planung und Ausführung der Veranstaltungen beschäftigen werde, wie es damals hieß. Den Verwaltungsrat der LTG-Volksbank-Bühne bilden Vertreter folgender Vereine: Lenneper Turngemeinde (LTG), Frisch auf Lennep, Lenneper Karnevalsverein (LKG), Lennep Offensiv, Lenneper Schwimmverein (LSV), Verkehrs- und Förderverein, Die Welle, Rotationstheater, Lenneper Schützenverein 1805 und Lenneper Altstadtfreunde. Fortan wolle man gemeinschaftlich etwas bewegen und an einem Strang ziehen, hieß es – was in der Vergangenheit nicht gerade einfach war.
Der Brückenpark Müngsten hat den dortige Abschnitt der Wupper für Besucher zweifellos attraktiver gemacht. Die öffentlichen Anbindung durch Bahn, Bus oder Pkw (Parkplätze) wurde verbessert, und schutzwürdige Naturbereiche wurden durch den Bau der Schwebefähre, eine Neuordnung der umliegenden Wanderwege und die Stilllegung von Trampelpfaden entlastet. Das sei aber nur teilweise, berichtete vor zehn Jahren die Biologischen Station Mittlere Wupper im Ausschusses für Bürger, Umwelt, Klimaschutz und Ordnung. Zitat: „ Die intensive Nutzung der Grünflächen führte zu Beschädigungen oder Zerstörung der Grasnarbe, Hangkanten oder einzelner Anpflanzungen im Zentralbereich des Brückenparkes. Und von einer Beruhigung des östlichen Hangbereiches der Wupper zwischen Schwebefähe und Diederichstempel, des Abschnitts zwischen Napoleonsbrücke und Reinshagener Bach sowie des Dorperhofer Siefen könne keine Rede sein. In Teilen (Napoleonsbrücke – Reinshagner Bach) sei sogar der „gegenteilige Effekt einer zunehmenden Beunruhigung“ eingetreten. Kritisiert wurde auch ein regelrechter Badetourismus im Zentralbereich des Brückenparks auf Solinger Seite.
24 Herrnhuter Sternen leuchteten vor zehn Jahren erstmals auf dem Vaßbenderplatz neben der evangelischen Stadtkirche. Nach einem Aufruf im Gemeindebrief und in den lokalen Medien hatten Remscheider:innen für die Anschaffung der Sterne mehr als 3.700 € gespendet. Und weitere Gelder sammelte Pfarrer Martin Rogall beim 30. ideellen Weihnachtsmarkt am 11. Dezember 2011 ein. Mit diesem Projekt folgt die Stadtkirchengemeinde dem Beispiel des Lüttringhauser Heimatbundes, der Jahr zuvor für die Adventszeit 39 dieser leuchtend gelben Sterne aus leichtem Kunststoff angeschafft hatte. Der Marketingrat Remscheid hatte dagegen mit seinen Adventssternen über der Alleestraße weniger Glück, wie sich in diesem Jahr zeigt hat. Fragen des Waterbölles in diesem Zusammenhang blieben unbeantwortet.
„Der Stadtteil Hohenhagen sucht Freunde und Förderer“, berichtete der Waterbölles am 9. Dezember 2011. Tags zuvor hatte ein gutes Dutzend Anwohner/innen im Stadtteilzentrum „Esche“ auf Einladung des Stadtteilmanagements unter Federführung von Pfarrer Axel Mersmann die Gründung eines Vereins zur Unterstützung und Förderung von Nachbarschaftsprojekten auf dem Hohenhagen vorbereitet. Einstimmig wurde beschlossen, dass es ein eingetragener Förderverein werden solle. Und das wurde er denn auch.
Wo später Honsbergs "Neue Mitte" entstand, tummelten sich vor zehn Jahren noch Baucontainer und -maschinen. Und die Tage des "Kaufparks" an der Alexander Straße waren gezählt, er schloss wie angekündigt am 31. Dezember 2011. Doch mit dem Abriss des alten evangelischen Gemeindezentrums (Foto) und der dort geplanten „Neuen Mitte“ keimte unter den Bewohner/innen des Stadtteils auch neue Hoffnung auf. Zumal die Gewag durch den Abriss alter Wohnhäuser für mehr Licht und Grün sorgen will. Das ist geschehen, bleibt aber ein „laufender Prozess“.
„Große Büro-Leerstände in der Bibliothek werden bald gefüllt“, kündigte die Politik im Dezember 2011 an, und der Haupt- und Finanzausschuss empfahl dem Rat der Stadt, zum 1. Januar 2012 aus den Fachdiensten 3.43 (Weiterbildung/VHS), 3.42 (Öffentliche Bibliothek) und 3.42.1 (Musik- und Kunstschule) den Fachdienst 3.44 (Kommunales Bildungszentrum) zu machen. So denn auch geschehen. Die Leitung des neuen Bildungszentrum übernahm damals die VHS-Leiterin Nicole Hauser-Grüdl, später Nicole Grüdl-Jakobs. Die erforderlichen Räume für zwölf Verwaltungsmitarbeiter der VHS/MKS würden für eine Viertelmillion Euro umgebaut (siehe „Umzugskarussell“),kündigte die Verwaltung damals der Politik an. Inzwischen erscheint die Zukunft des großen Bibliotheksgebäudes eher ungewiss.
Der Bau des Altenheims auf dem Hohenhagen war von einigen „Geburtswehen“ begleitet. Aber im Dezember 2011 ging es endlich voran: Auf dem Grundstück am Otto-Lilienthal-Weg und im Evangelischen Gemeindezentrum „Die Esche“ fand – in kleinem Kreis – die Grundsteinlegung statt. Zu den Festrednern gehörte auch Frank Sieper vom Vorstand des Ev. Alten- und Krankenhilfe e.V. : „Trotz vieler Schwierigkeiten in der Vergangenheit können wir heute stolz verkünden, dass ‚die Bagger rollen‘! (…) Das neue Diakoniecentrum soll eine Einrichtung für alle Hohenhagener werden, ein in die Gemeinde integriertes Haus im besten Sinne!“
Vor zehn Jahren verlieh der Landschaftsverband Rheinland Peter Maar, langjähriger Vorsitzender des Heimatbundes Lüttringhausen, für seine Verdienste auf dem Gebiet der Denkmalpflege, der Heimatpflege und des Naturschutzes den Rheinlandtaler des Landschaftsverbandes. Die Auszeichnung hob die ehrenamtlich erworbenen Verdienste des Oberverwaltungsrats im Ruhestand um die rheinische Kulturpflege hervor. Maar hatte sich vor allem für die Bewahrung des historischen Stadtbildes von Lüttringhausen und für kulturelle Veranstaltungen eingesetzt. In der ehemals selbstständigen Stadt, die seit 1929 ein Ortsteil von Remscheid ist und einen der schönsten und besterhaltenen historischen Ortskerne im Bergischen Land besitzt, spielt die Denkmal- und Kulturpflege eine wichtige Rolle.