Kennepohl darf Bebauungsplan zur "Blume" ausweiten
Peter Maar, Vorsitzender des Lüttringhauser Heimatbundes und erklärter Gegner des geplanten Gewerbegebietes „Blume“ zwischen Lüttringhausen und Lennep, hatte eine Vorahnung: Das Gewerbegebiet werde nun doch wohl über die bisher verplante Fläche hinaus weiter Richtung Lüttringhausen wachsen, befürchtete er einen Tag vor der Sitzung des städtischen Bauausschusses am vergangenen Dienstag. Und was in dieser Sitzung mit der Mehrheit der Ausschussmitglieder von CDU, FDP und W.I.R. beschlossen wurde (bei Enthaltung der SPD und Nein-Stimmen der Grünen), bestätigte Maar in seinen Befürchtungen: Der Firma Faiveley Transport – bisher an der Ecke Papenberger Straße/Weststraße ansässig - soll hinter dem Adolf-Clarenbach-Denkmal die Ansiedlung auf 35.000 Quadratmetern ermöglicht werden. Entsprechend könnte der Bebauungsplan aus dem Jahre 2004 geändert werden. Mit der „Prüfung“ dieser Änderung wurde die Verwaltung beauftragt. Sie „prüft“ nun im Schweinsgalopp.
Die Produktpalette von „Faiveley Transport Remscheid GmbH“ ist im Internet nachzulesen: Bremsscheiben, Bremsgestänge, Magnetschienenbremsen und automatische Mittelpufferkupplungen für Schienenfahrzeuge. Ein „Tochterunternehmen“, die Gutehoffnungshütte GMbH, steuert Räder und Radsätze bei. (Als Kennepohl der Presse gegenüber erstmals von den Expansionsplänen der Firma berichtet hatte, war Faiveley irrtümlich als Automobilzulieferer vorgestellt worden.) Der Firma ist das frühere BSI-Gelände zu klein geworden. Der „Waterboelles“ berichtete es bereits am vergangenen Donnerstag (Künftig Schwertransporte an der "Blume"?): „Faiveley Transport“ sucht einen neuen Produktionsstandort, der rund um die Uhr, also auch nachts, von großen Lastwagen (40-Tonnern) angefahren werden kann. Zweitens muss nach den Vorstellungen der Firmenleitung an dem neuen Standort ein hoher Geräuschpegel erlaubt sein. Und drittens wünscht man sich einen möglichst niedrigen Grundstückspreis.
Entsprechend ist das Unternehmen im Ruhrgebiet auf die Suche gegangen nach einer Fläche von exakt 35.000 Quadratmetern (und nicht Hektar, wie am Dienstag in einem anderen Medium zu lesen war). Sicherlich auch in Oberhausen. Denn dort ist die „Tochter“ Gutehoffnungshütte GMbH ansässig. Da würde ein gemeinsamer Standort Sinn machen. Und die Stadt Oberhausen hätte gewiss großes Interesse an einem neuen Steuerzahler – und an 300 zusätzlichen Arbeitsplätzen in der Stadt.
Bei der Standortsuche sei die „Blume“ erst später ins Gespräch gekommen, deutete vergangene Woche Faveley-Geschäftsführer Wolfgang Berndes an. „Hoffentlich nicht zu spät“, wünschen sich Baudezernent Helmut Kennepohl und die „bürgerliche“ Mehrheit im Bauausschuss. Für sie ist der drohende Wegfall von 300 Arbeitsplätzen und von Steuereinnahmen ein unschlagbares Argument für eine Wirtschaftsförderung im Stile von „Wie hätten Sie 's denn gerne?“, bei der die „Blume“ eine große Rolle spielt. Dazu passt der Satz, der in der Sitzung des Bauausschusses fiel: Man müsse „alles tun“ für den Erhalt von Arbeitsplätzen und Gewerbesteuer – auch und gerade angesichts einer Arbeitslosenquote in Remscheid von 12,8 Prozent. Das stimmt in der Tat nachdenklich, macht den Katalog von Argumenten, die gegen das Gewerbegebiet „Blume“ sprechen und der seit Jahren auf dem Tisch liegt, aber nicht von einem Tag zum anderen zur Makulatur. Die Stimmenthaltung der SPD wurde von York Edelhoff entsprechend begründet: Ja zu den Bemühungen der Stadt, Faileley zu halten. Weiterhin Nein zur „Blume“.
Über die Änderung, d.h. Ausweitung des Bebauungsplanes entscheidet der Rat der Stadt, voraussichtlich in der Sitzung am 19. Juni. Die „bürgerliche“ Mehrheit ist Kennepohl sicher. Was aber, wenn sich Faiveley bis zum Jahresende doch für einen Standort außerhalb von Remscheid entscheidet, etwa in Oberhausen? Wird der Bebauungsplan dann weder geändert, „zurückgefahren“ auf die „kleine Lösung“, die ursprünglich die Naturschützer befrieden sollte? Wer so blauäugig ist und das glaubt, möge sich bitte melden.
Planung ist, wie das Internet-Lexikon Wikipedia definiert, ein „soweit als möglich systematischer Prozess zur Festlegung von Zielen und künftigen Handlungen“. Und Planung ist auch ein wichtiger Faktor bei der Bestandspflege, die zu den Aufgaben kommunaler Wirtschaftsförderung gehört, die aber „in der Realität häufig hinter der Ansiedlungspolitik zurückfällt“, wie es bei Wikipedia heißt. Die Bestandssicherung gilt heimischen Unternehmen und setzt voraus, dass die Wirtschaftsförderer im Rathaus die Probleme der ortsansässigen Firmen kennen. Dass die Abwanderungspläne der „Faiveley Transport Remscheid GmbH“ erst bekannt geworden sind, nachdem das Unternehmen im Ruhrgebiet seine Standortsuche gestartet hatte, lässt in Remscheid auf Defizite bei der Bestandspflege schließen.
Übrigens: Die bergische Industrie- und Handelskammer (IHK) hat ihre Broschüre "Standorte planen und sichern" neu aufgelegt. In dem 83 Seiten umfassenden Leitfaden werden die Aspekte von Planungsrecht, Baurecht, Immissionsschutzrecht, Wasserrecht, Naturschutzrecht und Altlasten ausführlich beleuchtet, die für einen Unternehmer von Bedeutung sind, der eine gewerbliche Nutzung an einem neuen Standort aufnehmen oder an seinem bisherigen weiterbetreiben oder erweitern will. Hier eine Leseprobe,
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