Anonyme Hass-Schreiber mindern Spaß an Facebook
Auch viele Remscheider tummeln sich in sozialen Netzwerken. Wer in Facebook gezielt nach „Remscheid“ sucht, findet zahlreiche Gruppen, öffentliche wie geschlossene:
- Du weißt Du bist Remscheider wenn ..........
- Echter Remscheider bist Du wenn . . .
- Lenneper Gerüchteküche
- Remscheider unter Remscheidern
In solchen Gruppen für eine respektvolle Debattenkultur zu sorgen, die zivilisatorische Mindeststandards erfüllt, ist angesichts der Fülle der Einträge nur schwer möglich. Zumal manche Schreiber statt ihres echten Namens feige ein Pseudonym wählen. Denn dann lässt sich leichter diffamieren. Bei Recherchen im Internet über rechtsradikale Aktivitäten in sozialen Netzwerken bin ich auf eine ganze Reihe von Zitaten gestoßen, die (verbale) Auswüchse im Netz treffend beschreiben:
„In den Kommentarspalten und Sozialen Netzwerken herrscht ein rauer Ton. Beleidigungen sind schneller getippt als gesprochen. Die Debattenkultur im Internet ist aggressiv, verletzend und nicht selten hasserfüllt und bedrohlich.“ (aus der Broschüre "‘Geh sterben!‘. Umgang mit Hate Speech und Kommentaren im Internet", die die Amadeu Antonio Stiftung, Berlin, im Internet veröffentlicht hat. Der Namensgeber der Stiftung wurde 1990 von rechten Jugendlichen im brandenburgischen Eberswalde zu Tode geprügelt, weil er schwarz war.)
„Neu ist es keineswegs, dass rechtsextreme Gruppierungen ihr braunes Gedankengut über die sozialen Netzwerke weiterverbreiten. Mit geringen Kosten lässt sich dort große Wirkung erzielen.“ (Express.de)
„Die rechtsextreme Szene, ob in Parteien oder frei organisiert, nutzt das Internet seit Jahren so professionell, wie viele Akteure von der demokratischen Seite es nicht schaffen.“ (Simone Rafael, „Netz gegen Nazis“)
„Worte können sein wie winzige Arsendosen. Sie werden unbemerkt verschluckt, sie scheinen keine Wirkung zu tun, und nach einiger Zeit ist die Giftwirkung doch da.“ (Victor Klemperer)
„Die Anonymität des Netzes verleitet viel zu häufig zu sprachlicher Verrohung und zum Verzicht auf Respekt gegenüber Mitmenschen. (...) Wenn die Würde von Mitmenschen angegriffen wird, ...muss es stets Widerspruch geben.“ (Heiko Maas, Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz)
„Seit der Erfindung der Sozialen Netzwerke, des interaktiven Internets, erfahren wir mehr über den Hass unserer Mitmenschen, als uns lieb ist. (...) Die Hemmschwelle dafür sinkt in der Anonymität und vor dem Bildschirm, denn der Hasser muss niemandem dabei ins Gesicht schauen. Ob grob oder subtil vorgetragen: In der Masse von Einschlägen des Hasses in Foren oder Kommentaren ziehen sich die Nicht-Hasser bald zurück. Was sollen sie auch tun? Wem Hass als Persönlichkeitsmerkmal oder Frustreaktion nicht zur Verfügung steht, der kann sich in einer von Hass dominierten Atmosphäre nicht lange aufhalten. Ist das Feld dann erst geräumt, siegt der Hass und feiert sich selbst. (Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, Berlin / siehe auch die Initiative „Netz gegen Nazis“)
„Beleidigungen, Aggressivität und verbale Ausfälle muss man nicht dulden. Letztlich ist es dann ultima ratio, solche Störer auch zu sperren und auszuschließen. Oft wird uns dann Zensur vorgeworfen – es ist aber unsere Pflicht, andere Nutzer und auch unsere Mitarbeiter vor Drohungen und anderen Entgleisungen zu schützen.“ (Torsten Beeck, Social Media Spiegel Online)
Aktuell gestern auf WDR 5 in „Politikum“: „Warum Hass geblockt werden sollte“, Gespräch mit dem Medienwissenschaftler Claus Eurich. Hintergrund: Einige Nachrichtenportale schränken die Kommentarfunktionen ein oder schaffen sie ganz ab. Zu heftig waren die Beleidigungen.
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Knut Gimpel am :
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